hEDS/HSD – Diagnosekriterien im Überblick
Neue Diagnosekriterien (hEDS/HSD) – Was hat sich geändert?
Das Ehlers-Danlos Syndrom (EDS) ist eine Gruppe seltener genetischer Bindegewebsstörungen, die mit Gelenkhypermobilität, Hautveränderungen und verschiedenen systemischen Symptomen einhergehen. Besonders der hypermobile EDS-Typ (hEDS) und das Hypermobilitätsspektrum (HSD) sind häufig diagnostizierte, aber oft schwer abgrenzbare Erkrankungen.
Die Ehlers-Danlos Society hat nach langjähriger Forschung und internationalem Konsens aktualisierte Diagnosekriterien für hEDS und HSD veröffentlicht. Diese Änderungen sollen die Diagnosestellung präziser und klinisch relevanter machen.
In diesem Blogbeitrag fassen wir die wichtigsten Neuerungen zusammen und erklären, was das für Betroffene und Ärzte bedeutet.
Warum neue Kriterien?
Bisher basierte die Diagnose von hEDS auf den 2017er Kriterien, die jedoch einige Schwächen hatten:
- Unklare Abgrenzung zwischen hEDS und HSD
- Fehlende genetische Marker (hEDS ist die einzige EDS-Form ohne bestätigtes Gen)
- Heterogene Symptomausprägungen, die zu Fehldiagnosen führten
Die Revision zielt darauf ab:
Präzisere Diagnosekriterien für hEDS und HSD
Bessere Differenzierung von anderen Bindegewebserkrankungen
Berücksichtigung neuer Forschungsergebnisse zu Begleitsymptomen
Die wichtigsten Änderungen im Überblick
Neue Klassifikation: hEDS vs. HSD
Die Unterscheidung zwischen hypermobilem EDS (hEDS) und Hypermobilitätssyndrom (HSD) bleibt bestehen, aber mit klarereren Leitlinien:
| Kriterium | hEDS | HSD |
| Gelenkhypermobilität | Generalisiert (Beighton-Score ≥6 bei Erwachsenen, ≥5 bei Kindern) | Lokalisiert/Peripher/Generalisiert, aber nicht alle hEDS-Kriterien erfüllt |
| Systemische Manifestationen | Mind. 2 Organsysteme betroffen (z. B. Haut, Herz, GI-Trakt) | Keine oder milde systemische Beteiligung |
| Familienanamnese | Erhöhte Wahrscheinlichkeit bei Verwandten 1. Grades | Kein eindeutiger familiärer Zusammenhang |
Beighton-Score bleibt, aber mit Anpassungen
Der Beighton-Score zur Erfassung der Gelenkhypermobilität bleibt zentral, jedoch:
🔹 Neue Altersanpassungen: Strengere Grenzwerte für Erwachsene (≥6 statt ≥5)
🔹 Berücksichtigung von “verlorener Hypermobilität”: Ältere Patienten mit früherer Hyperflexibilität werden miteinbezogen
Erweiterte systemische Kriterien für hEDS
Nicht nur Gelenke, sondern auch andere Organsysteme müssen beteiligt sein:
- Haut: Überdehnbarkeit, atrophe Narben, fragile Haut
- Kardiovaskulär: Orthostatische Intoleranz (z. B. POTS), Mitralklappenprolaps
- Gastrointestinal: Motilitätsstörungen, Reflux, funktionelle Magen-Darm-Probleme
- Neurologisch: Kleinfaser-Neuropathie, chronische Schmerzen
HSD wird weiter unterteilt
Das Hypermobilitätsspektrum (HSD) wird nun in drei Subtypen klassifiziert:
- Generalisiertes HSD (G-HSD) – Betrifft mehrere Gelenke
- Peripheres HSD (P-HSD) – Nur Hände/Füße hypermobil
- Lokalisiertes HSD (L-HSD) – Einzelne Gelenke betroffen
Was bedeutet das für Betroffene?
Positiv: Präzisere Diagnosen
- Klarere Abgrenzung zwischen hEDS und HSD
- Bessere Anerkennung systemischer Symptome (z. B. autonome Dysfunktion)
Herausforderungen: Strengere Kriterien
- Einige Patienten, die früher als hEDS galten, könnten jetzt als HSD eingestuft werden
- Genetische Forschung bleibt essenziell, da hEDS weiterhin kein bestätigtes Gen hat
Diagnostischer Prozess
- Klinische Untersuchung (Beighton-Score, Haut, Herz)
- Ausschluss anderer EDS-Typen (z. B. vEDS, cEDS durch Gentests)
- Systemische Bewertung (Neurologie, Kardiologie, Gastroenterologie)
Ein Schritt in die richtige Richtung
Die neuen Kriterien für hEDS und HSD bringen mehr Klarheit in die Diagnosestellung. Betroffene profitieren von einer ganzheitlicheren Betrachtung ihrer Symptome, während Ärzte eine bessere Differenzierung vornehmen können.
Trotzdem bleibt hEDS eine klinische Diagnose, und weitere Forschung ist nötig, um genetische Ursachen zu identifizieren.
🔗 Weitere Infos:
- Offizielle Leitlinien der Ehlers-Danlos Society
- Patientenratgeber und Studien zu hEDS/HSD
Habt ihr die neuen Kriterien schon bei eurer Diagnose erlebt? Teilt eure Erfahrungen in den Kommentaren!
Zusammenfassung der wichtigsten Änderungen:
Strengere Beighton-Score-Grenzwerte
Systemische Kriterien für hEDS erweitert
HSD jetzt mit drei Subtypen
Mehr Fokus auf Begleiterkrankungen (POTS, GI-Probleme)
Bleibt informiert und tauscht euch aus – denn nur durch Aufklärung und Forschung können wir die Versorgung von EDS- und HSD-Patienten verbessern! 💙
Quellen
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“Defining the Clinical Complexity of hEDS and HSD: A Global Survey” (medRxiv, 2025)
Diese Studie untersucht systemische Manifestationen, Komorbiditäten und diagnostische Unsicherheiten bei hEDS und HSD weltweit. MedRxiv+1-
Wichtig: Sie beschreibt eine klinisch durchgeführte Checkliste, die aus drei Kriterien besteht, darunter ein altersbasierter Mindestwert für den Beighton-Score. MedRxiv
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ABER: Die Studie gibt noch keine finalen, offiziellen neuen Kriterien vor — sie ist explorativ und zeigt, was möglicherweise in zukünftigen Kriterien berücksichtigt werden könnte. MedRxiv
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“Localized and historical hypermobile spectrum disorders share self-reported symptoms/comorbidities…” (Frontiers in Medicine, 2025)
Diese Arbeit vergleicht Patienten mit lokalisierten oder historischen HSD (L-HSD, H-HSD) mit solchen, die offiziell die Diagnose HSD oder hEDS nach den aktuell gültigen Kriterien (2017) haben. Frontiers+2PMC+2-
Ergebnis: Viele Symptome und Begleiterscheinungen (Komorbiditäten) sind ähnlich stark vermehrt wie bei HSD/hEDS, auch wenn Patienten nicht formal die vollen Kriterien erfüllen. PubMed
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Relevanz: Das stützt die Idee, dass Diagnosekriterien in Zukunft so verändert werden könnten, dass diese Gruppen (L-HSD, H-HSD) anders berücksichtigt werden. Aber auch hier: keine fertigen neuen Kriterien, nur empirische Daten, die auf Änderungsbedarf hinweisen. PubMed
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“Health care supply in patients with Ehlers-Danlos syndromes and generalized HSD” (Deutschland, 2025)
Diese Studie gibt Einblick in den Versorgungsalltag, Belastung, Diagnosedauer etc. bei hEDS/HSD in Deutschland. BioMed Central-
Sie beschreibt, wie nach den aktuellen 2017er Kriterien diagnostiziert wird (z. B. Beighton Score ≥5 bis Alter 50, ≥4 darüber), und welche Defizite im System existieren. BioMed Central
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Auch relevant: Sie nennen fünf kutane Symptome, die zur Diagnose von hEDS herangezogen werden. Aber nicht als Teil eines neuen, veröffentlichten Kriteriensets, sondern als Beschreibung dessen, wie Symptome in der Praxis vorhanden sind. BioMed Central
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Foto von Andrea Piacquadio: https://www.pexels.com/de-de/foto/frau-im-grauen-tragershirt-das-not-zeigt-3812745/
Hallo Sven, kannst Du bitte die Quelle für die neuen Diagnosekriterien nennen? Auf der Webseite der Ehlers-Danlos-Society finde ich diese noch nicht. Dort sind nur die neuen Kritierien für pädiatrische Diagnosen von 2023 genannt und es wird das Projekt “The road to 2026” vorgestellt, das die 2017er Kriterien der EDS-Syndrome und die Abgrenzung von hEDS und HSD weiterentwickeln soll. Dies ist ja aber noch nicht abgeschlossen. Sind die von Dir genannten Kriterien irgendwo in einem Zwischenbericht zu finden? Vielleicht habe ich den nicht gefunden. Ich würde mich freuen, wenn Du den Link dazu ggf. posten könntest. Vielen Dank und herzliche Grüße!
Hallo Barbara,
vielen Dank für Deinen Hinweis! Der Link, auf den sich mein ursprünglicher Beitrag bezog, ist inzwischen leider nicht mehr verfügbar. Ich habe deshalb versucht, ergänzende Quellen dazu zu finden. Es besteht die Möglichkeit, dass damals ein vorbereiteter Artikel versehentlich veröffentlicht wurde und deshalb vorübergehend zugänglich war. Bitte entschuldige die Unannehmlichkeiten und die eventuell entstandene Verwirrung – ich hatte mich auf den zu diesem Zeitpunkt verlinkten Beitrag verlassen.
Herzliche Grüße
Sven