Illustration eines Magens mit dem Text 'Gastroparese beim Ehlers-Danlos-Syndrom' und dem Logo der Deutschen Ehlers-Danlos Initiative e.V.

Gastroparese

Gastroparese: Wenn der Magen nicht mehr richtig arbeitet

Unser Magen ist normalerweise dafür da, Nahrung zu zerkleinern und sie weiter in den Dünndarm zu transportieren. All dies geschieht bei gesunden Menschen in einem gut abgestimmten Rhythmus. Doch was passiert, wenn dieser Rhythmus gestört ist? Genau das ist bei einer Gastroparese der Fall, da sich hierbei der Magen viel zu langsam entleert.

Worum wird es in diesem Beitrag gehen?

Sechs überlappende Kreise mit den Begriffen Definition, Ursachen, Bezug zu EDS, Symptome, Diagnostik und Behandlung

Definition: Was ist eine Gastroparese?

  • Umgangssprachlich wird die Gastroparese oft als „Magenlähmung“
  • Es handelt sich dabei um eine verzögerte Magenentleerung ohne nachweisbare mechanische Blockade.
  • Der Magen bewegt sich nicht ausreichend,um den Speisebrei in den Dünndarm weiterzuleiten, wodurch die Nahrung zu lange im Magen verbleibt und Beschwerden verursacht.
  • Grund ist meist eine Störung der Magenmuskulatur oder der Nerven, die diese steuern.
  • Die Gastroparese ist eine Form der gastrointestinalen Motilitätsstörung.
  • Motilitätsstörungen sind Erkrankungen, bei denen die Muskelbewegung / Peristaltik von Verdauungsorganen gestört Man unterscheidet unter diesem Überbegriff viele verschiedene Krankheitsbilder, je nach betroffenem Organ.

 

Wichtig zu wissen:

Nicht jede Magenentleerungsstörung ist eine Gastroparese!

 

So kann die Magenentleerung z.B. auch durch eine mechanische Behinderung, etwa einen Tumor, verzögert sein. Dann spricht man von einer Magenentleerungsstörung.

 

Bei einer Gastroparese hingegen arbeiten die Muskeln langsamer oder gar nicht mehr, sodass sich der Magen nicht ausreichend entleeren kann.

 

Bei jeder Gastroparese handelt es sich also um eine Magenentleerungsstörung.

 

Ursachen der Gastroparese

  • Diabetes mellitus, da Nervenschäden die Magenbewegung beeinträchtigen können.
  • Autonome Neuropathien (nicht diabetisch), z.B. im Rahmen einer Small-Fiber-Neuropathie. Dadurch ist die Nervenübertragung gestört und die Muskulatur des Magens kann nicht richtig angesteuert werden.
  • Myopathien (Muskelerkrankungen)
  • Neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Multiple Sklerose.
  • Amyloidose
  • Autoimmunerkrankungen, insbesondere rheumatologische Erkrankungen
  • Bestimmte Medikamente, die die Magenmotilität hemmen
  • Postoperative Zustände, z.B. nach Magenoperationen
  • Postinfektiös oder nach Bestrahlung
  • Idiopathisch, wenn keine Ursache gefunden wird. Dies ist bei ca. 50% der Betroffenen der Fall.

 

Bezug zu EDS

Infografik zu Ursachen und Forschung der Gastroparese bei Ehlers-Danlos-Syndrom. Ursachen: Zusammenspiel gestörter Bindegewebsstruktur, Nervenbeteiligung, autonome Funktionsstörungen, Small-Fiber-Neuropathie, gestörte Steuerung der Magenmuskulatur. Forschung: 21,2% der hEDS-Betroffenen haben Gastroparese, häufigste Form der Motilitätsstörung bei EDS, bis zu 61% mit Small-Fiber-Neuropathie, starke Assoziation mit PoTS und Motilitätsstörungen.

 

Typische Symptome einer Gastroparese

  • Postprandiales Völlegefühl (d.h. Völlegefühl nach dem Essen)
  • Frühzeitig einsetzendes Sättigungsgefühl
  • Übelkeit & Erbrechen, manchmal auch von unverdauter Nahrung
  • Bauchschmerzen & Blähungen
  • Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust & Malnutrition
  • Gastroösophagealer Reflux mit retrosternalen Schmerzen (ggf. mit Gastritis oder Ösophagitis)

 

Wie wird Gastroparese diagnostiziert?

Zur Diagnose einer Gastroparese stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung.

 

Erste Hinweise können sich bereits im Rahmen einer Magenspiegelung ergeben, etwa wenn trotz ausreichend langer Nüchternphase noch Nahrungsreste im Magen zu finden sind.

Auch bei bildgebenden Untersuchungen mit oralen Kontrastmitteln kann ein auffälliger Befund auftreten: Verbleibtdas Kontrastmittelungewöhnlich lange im Magen, kann dies nicht nur die Bildgebung erschweren oder unmöglich machen, sondern auch auf eine gestörte Magenentleerung hinweisen.

 

Besteht der Verdacht auf eine Störung der Magenentleerung, kann eine Transitzeitbestimmung erfolgen.

 

Hierfür eignet sich insbesondere die Magenentleerungsszintigraphie, bei der gemessen wird, wie schnell der Magen eine radioaktiv markierte Testmahlzeit entleert. Anhand dieser Untersuchung lässt sich häufig auch feststellen, ob der Transport der Nahrung bereits im oberen Teil des Magens verzögert ist oder ob die Entleerungsstörung auf eine Passagebehinderung im Bereich des Pylorus, wie etwa bei einer Pylorusstenose, zurückzuführen ist.

 

Als weniger invasive Alternative oder Ergänzung können verschiedene Atemtests durchgeführt werden. Diese erfassen die Entleerungszeit fester oder flüssiger Nahrung sowie die orozökale Transitzeit, also die Zeit, die eine Substanz benötigt, um Magen und Dünndarm zu passieren.

 

Seltener werden weitere Verfahren wie die Magen-Darm-Passage, EndoFLIP oder Manometrien (Druckmessungen) eingesetzt.

 

Wichtig ist in jedem Fall der Ausschluss mechanischer Hindernisse und anderer Ursachen der verzögerten Magenentleerung, etwa mittels Endoskopie oder bildgebender Verfahren.

 

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Magenentleerung zu verbessern. Grundlegend lassen sich vier verschiedene Behandlungsansätze unterscheiden, die abhängig vom individuellen Fall kombiniert werden können.

 

  1. Ernährungsanpassung:
    • “small particle diet“, pürierte, breiige oder flüssige Nahrung
    • leicht verdauliche Nahrung
    • mehrere kleine, fettarme und ballaststoffarme Mahlzeiten
    • hochkalorische Trinknahrung (falls nötig, z.B. zur Stabilisierung des Gewichts)
  2. Nicht-medikamentöse Therapie:
    • enterale Ernährung (nasojejunale Sonde, PEG-J)
    • (teil)parenterale Ernährung
  3. Medikamentöse Therapie:
    • Prokinetika (Medikamente, die die gastrointestinale Motilität anregen)
    • Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit & Erbrechen)
    • Behandlung der verursachenden Grunderkrankung (z.B. bei Autoimmunerkrankungen oder Diabetes mellitus)
  4. Interventionelle & chirurgische Maßnahmen:
    • Magenschrittmacher
    • G-POEM oder Botox-Injektionen in den Pylorus

 

Fazit

Die Gastroparese ist eine ernstzunehmende Erkrankung, welche die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann. Besonders bei Menschen mit Ehlers-Danlos-Syndrom sollte sie als mögliche Ursache für gastrointestinale Beschwerden berücksichtigt werden. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Beschwerden sind bei EDS-Betroffenen häufig komplex und vielschichtig.

Nicht selten werden Symptome vorschnell als „psychosomatisch“ oder „stressbedingt“ eingeordnet, insbesondere dann, wenn Basisuntersuchungen keine auffälligen Befunde liefern.

Betroffene sollten sich bei anhaltenden Beschwerden nach Möglichkeit an spezialisierte Zentren wenden oder dorthin überwiesen werden. Kliniken oder Abteilungen mit Schwerpunkt auf neurogastroenterologischen Erkrankungen verfügen über die nötige technische Ausstattung und Expertise. Eine ausführliche Diagnostik und individuell angepasste Therapie sind entscheidend für eine Linderung der Symptome und eine Verbesserung der Lebensqualität.

 

Quellen:

 

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