GWAS hEDS - Seitliche Darstellung eines menschlichen Körpers mit hervorgehobener Wirbelsäule und Nervenbahnen neben einer DNA-Doppelhelix.

Genomweite Assoziationsstudie (GWAS) liefert genetische Hinweise zu hEDS

Genomweite Assoziationsstudie (GWAS) liefert genetische Hinweise zu hEDS

Worum geht es?

Das hypermobile Ehlers-Danlos-Syndrom (hEDS) ist die häufigste Form der Ehlers-Danlos-Syndrome, einer Gruppe von erblichen Bindegewebserkrankungen. Die typischen Hauptsymptome sind überbewegliche Gelenke, verletzliches Gewebe und chronische Schmerzen im Bewegungsapparat.

Doch viele Betroffene erleben zusätzlich Beschwerden, die weit über Knochen und Muskeln hinausgehen. Sie leiden häufig auch unter Störungen des autonomen Nervensystems, gastrointestinalen Beschwerden, Immunsystemdysregulationen und neuropsychiatrischen Beeinträchtigungen.

Das macht die Erkrankung sehr komplex und die Diagnose oft schwierig. Zudem deutet diese Vielschichtigkeit darauf hin, dass es sich bei hEDS um eine Multisystemerkrankung handelt, die vermutlich nicht durch eine einzige genetische Mutation hervorgerufen wird.
Während die Ursachen bei anderen EDS-Formen meist klar in einzelnen Genen liegen, blieb der genetische Hintergrund von hEDS bisher unklar.

Eine neue große Studie hat dieses Phänomen nun genauer untersucht. Forschende führten eine sogenannte genomweite Assoziationsstudie (GWAS) durch. Dabei werden Millionen genetische Varianten bei Betroffenen mit denen von gesunden Kontrollpersonen verglichen. Insgesamt wurden Daten von fast 2.000 Menschen mit hEDS und ungefähr 5.000 Kontrollpersonen ausgewertet. Die Ergebnisse wurden nun in einem Preprint veröffentlicht.


Welche Ergebnisse liefert die Studie?

  • Es wurden verschiedene Loci (Regionen im Erbgut)gefunden, die mit einem höheren Risiko für hEDS zusammenhängen.
  • Besonders wichtig ist anscheinend ein Bereich in der Nähe des ACKR3-Gens auf Chromosom 2, das mit Schmerzverarbeitung, Nervensystem und Immunreaktionenassoziiert ist.
  • Interessant ist auch das KCNV1-Gen auf Chromosom 8, das in der Studie als möglicher Risikofaktor für hEDS gefunden wurde. KCNV1 spielt eine Rolle im Nervensystem,und Mutationen könnten die Schmerzempfindung oder die neuromuskuläre Funktion
  • Weitere Analysen fanden zudem häufige Varianten in einem Bereich mit mehreren Kandidatengenen, darunter SLC39A13, ein Zinktransporter, der für die Entwicklung von Bindegewebe entscheidend ist. Mutationen im SLC39A13-Gen wurden bereits bei Menschen mit einer seltenen Form von EDS, dem spondylodysplastischen EDS, beschrieben.
  • Auch die benachbarten Gene MADDund PSMC3, die in Nervensystem- und Immunprozesse eingebunden sind, zeigten Hinweise auf eine Beteiligung.
  • Zusätzlich prüfte das Forschungsteam, wie stark sich die genetischen Strukturen und Grundlagen von hEDS mit denen anderer Erkrankungen, die häufig in Kombination mit hEDS auftreten, überschneiden. Dabei zeigten sich deutliche Zusammenhänge mit ME/CFSFibromyalgieDepressionAutismus-Spektrum-Störungen, Angststörungen, Migräne und gastrointestinalen Erkrankungen.

Was bedeutet das?

Es konnte gezeigt werden, dass verschiedene genetische Varianten eine Rolle bei hEDS spielen. Die Forschenden schlagen daher ein erweitertes Krankheitsmodell vor: hEDS ist nicht nur eine Bindegewebsstörung, sondern vielmehr eine multisystemische neuroimmune-stromale Erkrankung, die Nervensystem, Immunabwehr, Bindegewebe und Schmerzregulation betrifft. (Stroma = stützendes Bindegewebe eines Organs).

Diese Sichtweise könnte die große klinische Vielfalt (von Gelenkproblemen bis zu Fatigue und psychischen Symptomen) sowie die unterschiedlich starken Ausprägungsgrade bei Betroffenen erklären. Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt, um die Krankheit besser zu verstehen, in Zukunft genauer zu diagnostizieren und vielleicht sogar neue Behandlungsansätze zu entwickeln.


Was gibt es zu beachten?

  1. Diagnoseunsicherheit:
    Die Diagnose von hEDS ist kompliziert und dauert oft Jahre. In dieser Studie haben viele Teilnehmende nur eine Selbstdiagnose angegeben. Dadurch könnten die Ergebnisse teilweise auch Menschen mit Hypermobilitätsspektrumstörungen betreffen und somit ungenauer sein. Bestätigende Studien mit klinisch eindeutig diagnostizierten hEDS-Betroffenen wären nötig.
  2. Genetische Ungenauigkeit:
    Bei bestimmten Genregionen (z. B. SLC39A13) liegen viele genetische Varianten sehr eng beieinander. Das erschwert es, die tatsächlich ursächliche Variante herauszufinden. Hier braucht es weitere Tests und größere, vielfältigere Datensätze.
  3. Begrenzte Komorbiditäts-Analyse:
    Die Untersuchung der genetischen Überschneidungen mit Begleiterkrankungen war auf diejenigen Krankheiten beschränkt, für die bereits ausreichend große genetische Datensätze verfügbar sind. Zukünftige Studien sollten auch andere relevante Begleiterkrankungen einbeziehen.
  1. Preprint: Dieser Artikel basiert auf einem Preprint, also einer Studie, die noch nicht von anderen Wissenschaftler geprüft wurde. Die Ergebnisse sind vorläufig und sollten nicht als Grundlage für medizinische Entscheidungen oder Behandlungen genutzt werden.

 

Quelle: Complex Genetics and Regulatory Drivers of Hypermobile Ehlers-Danlos Syndrome: Insights from Genome-Wide Association Study Meta-analysis, 21.09.2025, verfügbar unter: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2025.09.19.25336146v1.full-text 

 

 

 

 

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