Diagnosekriterien für hEDS & HSD - Ärztin mit Checkliste

hEDS/HSD – Diagnosekriterien im Überblick

Neue Diagnosekriterien (hEDS/HSD) – Was hat sich geändert?

 

Das Ehlers-Danlos Syndrom (EDS) ist eine Gruppe seltener genetischer Bindegewebsstörungen, die mit Gelenkhypermobilität, Hautveränderungen und verschiedenen systemischen Symptomen einhergehen. Besonders der hypermobile EDS-Typ (hEDS) und das Hypermobilitätsspektrum (HSD) sind häufig diagnostizierte, aber oft schwer abgrenzbare Erkrankungen.

Die Ehlers-Danlos Society hat nach langjähriger Forschung und internationalem Konsens aktualisierte Diagnosekriterien für hEDS und HSD veröffentlicht. Diese Änderungen sollen die Diagnosestellung präziser und klinisch relevanter machen.

In diesem Blogbeitrag fassen wir die wichtigsten Neuerungen zusammen und erklären, was das für Betroffene und Ärzte bedeutet.

Warum neue Kriterien?

Bisher basierte die Diagnose von hEDS auf den 2017er Kriterien, die jedoch einige Schwächen hatten:

  • Unklare Abgrenzung zwischen hEDS und HSD
  • Fehlende genetische Marker (hEDS ist die einzige EDS-Form ohne bestätigtes Gen)
  • Heterogene Symptomausprägungen, die zu Fehldiagnosen führten

Die Revision zielt darauf ab:

Präzisere Diagnosekriterien für hEDS und HSD
Bessere Differenzierung von anderen Bindegewebserkrankungen
Berücksichtigung neuer Forschungsergebnisse zu Begleitsymptomen

 

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Neue Klassifikation: hEDS vs. HSD

Die Unterscheidung zwischen hypermobilem EDS (hEDS) und Hypermobilitätssyndrom (HSD) bleibt bestehen, aber mit klarereren Leitlinien:

Kriterium hEDS (2024) HSD (2024)
Gelenkhypermobilität Generalisiert (Beighton-Score ≥6 bei Erwachsenen, ≥5 bei Kindern) Lokalisiert/Peripher/Generalisiert, aber nicht alle hEDS-Kriterien erfüllt
Systemische Manifestationen Mind. 2 Organsysteme betroffen (z. B. Haut, Herz, GI-Trakt) Keine oder milde systemische Beteiligung
Familienanamnese Erhöhte Wahrscheinlichkeit bei Verwandten 1. Grades Kein eindeutiger familiärer Zusammenhang

Beighton-Score bleibt, aber mit Anpassungen

Der Beighton-Score zur Erfassung der Gelenkhypermobilität bleibt zentral, jedoch:
🔹 Neue Altersanpassungen: Strengere Grenzwerte für Erwachsene (≥6 statt ≥5)
🔹 Berücksichtigung von „verlorener Hypermobilität“: Ältere Patienten mit früherer Hyperflexibilität werden miteinbezogen

Erweiterte systemische Kriterien für hEDS

Nicht nur Gelenke, sondern auch andere Organsysteme müssen beteiligt sein:

  • Haut: Überdehnbarkeit, atrophe Narben, fragile Haut
  • Kardiovaskulär: Orthostatische Intoleranz (z. B. POTS), Mitralklappenprolaps
  • Gastrointestinal: Motilitätsstörungen, Reflux, funktionelle Magen-Darm-Probleme
  • Neurologisch: Kleinfaser-Neuropathie, chronische Schmerzen

HSD wird weiter unterteilt

Das Hypermobilitätsspektrum (HSD) wird nun in drei Subtypen klassifiziert:

  1. Generalisiertes HSD (G-HSD) – Betrifft mehrere Gelenke
  2. Peripheres HSD (P-HSD) – Nur Hände/Füße hypermobil
  3. Lokalisiertes HSD (L-HSD) – Einzelne Gelenke betroffen

Was bedeutet das für Betroffene?

 

Positiv: Präzisere Diagnosen

  • Klarere Abgrenzung zwischen hEDS und HSD
  • Bessere Anerkennung systemischer Symptome (z. B. autonome Dysfunktion)

Herausforderungen: Strengere Kriterien

  • Einige Patienten, die früher als hEDS galten, könnten jetzt als HSD eingestuft werden
  • Genetische Forschung bleibt essenziell, da hEDS weiterhin kein bestätigtes Gen hat

Diagnostischer Prozess

  1. Klinische Untersuchung (Beighton-Score, Haut, Herz)
  2. Ausschluss anderer EDS-Typen (z. B. vEDS, cEDS durch Gentests)
  3. Systemische Bewertung (Neurologie, Kardiologie, Gastroenterologie)

Ein Schritt in die richtige Richtung

 

Die neuen Kriterien für hEDS und HSD bringen mehr Klarheit in die Diagnosestellung. Betroffene profitieren von einer ganzheitlicheren Betrachtung ihrer Symptome, während Ärzte eine bessere Differenzierung vornehmen können.

Trotzdem bleibt hEDS eine klinische Diagnose, und weitere Forschung ist nötig, um genetische Ursachen zu identifizieren.

🔗 Weitere Infos:

Habt ihr die neuen Kriterien schon bei eurer Diagnose erlebt? Teilt eure Erfahrungen in den Kommentaren!

Zusammenfassung der wichtigsten Änderungen:

Strengere Beighton-Score-Grenzwerte
Systemische Kriterien für hEDS erweitert
HSD jetzt mit drei Subtypen
Mehr Fokus auf Begleiterkrankungen (POTS, GI-Probleme)

Bleibt informiert und tauscht euch aus – denn nur durch Aufklärung und Forschung können wir die Versorgung von EDS- und HSD-Patienten verbessern! 💙

Blog - Schreibtisch mit Monitor, Tastatur und Kaffeetasse

Ehlers-Danlos Blog

Blog der Deutschen Ehlers-Danlos Initiative e. V.: Wissenschaft trifft Erfahrung

Die Deutsche Ehlers-Danlos Initiative (EDI) freut sich, eine neue Rubrik auf ihrer Website anzukündigen: den Ehlers-Danlos Blog! Hier erwarten euch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, hilfreiche Tipps und vor allem persönliche Erfahrungsberichte von Betroffenen und Mitgliedern.

Warum dieser Blog so wichtig ist

Ehlers-Danlos-Syndrome (EDS) sind eine Gruppe seltener Bindegewebserkrankungen, die oft mit chronischen Schmerzen, Gelenkinstabilität und vielen weiteren Symptomen einhergehen. Betroffene kämpfen häufig mit Fehldiagnosen, mangelnder Aufklärung und sozialer Isolation.

Der neue Blog soll:

Aktuelle Forschung verständlich aufbereiten

Betroffenen eine Stimme geben

Gemeinschaft stärken und Wissen teilen

Ärzte und Angehörige sensibilisieren

 

Was erwartet euch im Ehlers-Danlos Blog?

  1. Wissenschaftliche Beiträge

Medizinische Studien zu EDS sind oft komplex und schwer zugänglich. Unser Blog bricht Fachwissen herunter und erklärt, was neue Erkenntnisse für Betroffene bedeuten.

Themen wie:

  • Neue Diagnosekriterien
  • Innovative Therapieansätze
  • Zusammenhänge mit Begleiterkrankungen (z. POTS, MCAS)

 

  1. Persönliche Erfahrungsberichte

Betroffene schreiben über ihren Alltag mit EDS, über Hürden im

Gesundheitssystem und Strategien, die helfen. Diese Geschichten sind wertvoll, weil

sie:

  • Anderen Mut machen
  • Zeigen, dass man nicht allein ist
  • Praktische Tipps für den Umgang mit EDS liefern

 

  1. Experteninterviews

Wir führen Gespräche mit Ärzten, Physiotherapeuten und Forschern, die sich mit EDS

auskennen. Sie geben Einblicke in:

  • Diagnostische Herausforderungen
  • Behandlungsmöglichkeiten
  • Rehabilitation und Selbstmanagement

 

  1. Community-Themen

Der Blog wird auch Fragen der Community aufgreifen, z. B.:

  • Wie finde ich einen EDS-erfahrenen Arzt?
  • Was hilft bei chronischer Erschöpfung?
  • Wie gehe ich mit Unsichtbarkeit der Erkrankung um?

 

Warum ihr diesen Blog unterstützen solltet

Viele EDS-Betroffene fühlen sich unsichtbar. Dieser Blog soll zeigen: Ihr seid nicht allein! Indem wir Wissen und Erfahrungen teilen, tragen wir dazu bei, dass:

✔ Ärzte EDS besser erkennen

✔ Betroffene informierte Entscheidungen treffen

✔ Die Öffentlichkeit mehr Verständnis entwickelt

Wie könnt ihr mitmachen?

Ihr habt eigene Erfahrungen, die ihr teilen möchtet? Oder Fragen, die im Blog behandelt werden sollten? Schreibt uns an! Gemeinsam können wir Aufklärung vorantreiben und das Leben mit EDS ein Stückchen leichter machen.

Besucht den neuen Blog auf unserer Website und bleibt up to date!

Gaslighting

Gaslighting bei Ehlers-Danlos-Syndrom

… oder anderen chronischen Erkrankungen 

 

 „Das ist bestimmt nur Stress.“
„Vielleicht ist das alles auch psychisch.“
„Aber du siehst doch ganz gesund aus.“ 

Wer mit einer chronischen, unsichtbaren und dazu noch dynamischen Erkrankung wie dem Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) lebt, kennt solche Sätze nur allzu gut. Sie stammen nicht nur von Fremden oder von medizinischem Personal – sondern oft auch aus dem engsten Umfeld und sie sind nicht harmlos. Solche Aussagen gehören zum Phänomen des Gaslighting – einer subtilen Form psychologischer Manipulation, bei der Betroffene beginnen, an ihrer eigenen Wahrnehmung zu zweifeln. 

Mit unserem Poster möchten wir sichtbar machen, was viele Betroffene im Alltag erleben – Spott, Abwertung, Bagatellisierung, Psychologisierung – und worüber oft geschwiegen wird. 

 

Was ist Gaslighting? 

Gaslighting ist eine Form von psychologischer Manipulation, bei der jemand bewusst oder unbewusst versucht, eine andere Person an ihrer Realität zweifeln zu lassen. Menschen werden dazu gebracht, ihre eigenen Wahrnehmungen, Erinnerungen oder Symptome zu hinterfragen. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Theaterstück Gas Light (1938), in dem ein Mann seiner Frau vorspielt, sie sei verrückt, indem er schleichend kleine Veränderungen in der Umgebung vornimmt (z.B. das Licht dunkler dreht) und diese dann leugnet. 

Im Alltag passiert das oft viel subtiler. Typische Sätze sind 

 „Man kann sich auch zu sehr in etwas reinsteigern.“  

 „Stell dich nicht so an – du bist zu sensibel.“  

 „Also ich würde das nicht so an mich ranlassen.“  

Diese Aussagen sind verletzend – besonders dann, wenn sie von Menschen kommen, denen man vertraut. 

 

Gaslighting und chronische Erkrankungen 

Für Menschen mit chronischen, unsichtbaren und dynamischen Erkrankungen sind solche Aussagen oft Teil des Alltags. Die Symptome (wie z.B. chronische Schmerzen oder Fatigue) sind oft schwer greifbar, von außen nicht sichtbar, erscheinen häufig zusammenhangslos und sind in der Regel nicht mit Labortests messbar – und werden deshalb häufig auch angezweifelt. 

Gerade bei Erkrankungen wie EDS, bei denen die Diagnose sowieso oft Jahre dauert und die körperliche Einschränkung für Außenstehende nicht sofort sichtbar ist, wird die persönliche Wahrnehmung ständig in Frage gestellt. Aussagen wie: 

„Aber gestern ging’s dir doch noch gut.“ 

 „Wer sagt denn, dass du nicht arbeiten kannst?“  

„Du musst einfach besser planen.“ 

stellen nicht nur die Symptome infrage, sondern auch die Glaubwürdigkeit der betroffenen Person. 

Was als vermeintlich gut gemeinter Ratschlag daherkommt, trifft oft direkt ins Selbstwertgefühl. Die Folge: Viele Betroffene ziehen sich zurück und sprechen aus Angst, nicht ernst genommen zu werden, nicht mehr über ihre Beschwerden.
Neben den schwerwiegenden psychosozialen Auswirkungen kann das auch dazu führen, dass eine Diagnose noch später gestellt wird. 

Was Gaslighting auslösen kann 

  • Zweifel an sich selbst
  • Schuldgefühle
  • Scham
  • Verzögerte Diagnosestellung
  • Soziale Isolation

 

Gaslighting im familiären oder sozialen Umfeld 

Besonders schmerzhaft ist es, wenn solche Sätze von nahestehenden Personen kommen.  

Die große Schwester, die fragt: 

 „Diese eine Schauspielerin hat das ja auch – warum kommt die so gut klar und du nicht?“  

Der Partner, der meint: 

 „Du hast ja jetzt Zeit – dann kannst du dich auch mal um X kümmern.“  

Oder die Mutter, die fragt: 

„Was willst du denn mit einer Diagnose – das ändert doch eh nichts.“ 

Was hier passiert, ist mehr als Unverständnis. Es ist ein systematisches Kleinreden, das dazu führen kann, dass Betroffene sich selbst nicht mehr vertrauen. Viele fragen sich: „Stelle ich mich wirklich an? Bin ich zu empfindlich? Übertreibe ich vielleicht?“ 

 

Unser Poster – Worte, die weh tun 

Gaslighting bei Ehlers-Danlos-SyndromUm diese Mechanismen sichtbar zu machen, haben wir ein Poster gestaltet. Es zeigt typische Sätze, die Menschen mit EDS oder anderen chronischen Erkrankungen immer wieder hören – vor der Diagnose, währenddessen und auch noch danach. 

Die Sprüche stehen in Sprechblasen, so wie sie im Alltag geäußert werden: mal beiläufig, mal spöttisch, mal scheinbar verständnisvoll – aber immer mit der Wirkung, zu entwerten und zu demütigen. 

In der Mitte steht eine kurze Definition von Gaslighting – um Betroffenen einen Begriff für das zu geben, was sie erleben, und Außenstehenden die Augen zu öffnen. 

 

 

 

 

Das Poster soll Mut machen: 

  • zu erkennen, was nicht okay ist, 
  • zu benennen, was verletzt, 
  • und Grenzen zu ziehen, um sich selbst zu schützen. 

Es soll aber auch zeigen: Du bist nicht allein. 

Das Poster steht hier zum Download bereit.

 

Was du tun kannst 

Wenn du selbst betroffen bist und solche Sätze kennst: 

  • Sprich darüber: Mit Menschen, denen du vertraust – oder in einer Selbsthilfegruppe. Sie können dir helfen, deine Erfahrungen einzuordnen. 
  • Dokumentiere Vorfälle und schreibe dir Aussagen auf: Das hilft, Muster zu erkennen und kann helfen dich in der Realität zu verankern. 
  • Vertraue dir selbst: Lass dir nicht einreden, dass du übertreibst: Deine Wahrnehmung ist real. Verlass dich auf dein Bauchgefühl. 
  • Informiere dich über Gaslighting: Zu verstehen, was passiert, ist der erste Schritt zur Abgrenzung. 

Wenn du selbst nicht betroffen bist, aber jemanden im Umfeld hast: 

  • Hör zu, ohne zu bewerten. 
  • Nimm Beschwerden ernst – auch wenn du sie nicht verstehst. 
  • Vermeide Sätze wie „Ich habe das auch manchmal“. Jeder Mensch erlebt Schmerzen und Belastungen anders. 

 

Hast du weitere Fragen oder brauchst Unterstützung?

Du kannst dich gerne per E-Mail an die Ehlers-Danlos Initiative wenden. Wir sind für dich da!

 

Autor: Sebastian Schwalm