Vier Sprechblasen aus Papier in Beige- und Weißtönen mit Fragezeichen darauf auf braunem Untergrund

Missverständnisse über das Ehlers-Danlos-Syndrom

Häufige Missverständnisse über das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS)

 

Das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) ist eine seltene, genetisch bedingte Bindegewebserkrankung, die im Alltag häufig zu Missverständnissen führt. Viele Betroffene erleben eine jahrelange Odyssee von Arzt zu Arzt, bevor sie eine Diagnose erhalten. Nicht selten hören sie auf diesem Weg Sätze wie „Sie sind einfach nur hypermobil“ oder „Das ist bestimmt psychosomatisch“.
Diese Fehleinschätzungen sind kein Einzelfall. Sie spiegeln ein breites Unwissen über EDS wider. In diesem Beitrag werden einige der häufigsten Missverständnisse bezüglich EDS aufgegriffen und es wird erklärt, warum sie so hartnäckig sind und wie man ihnen begegnen kann.


Häufige Missverständnisse im Überblick

  1. „Es gibt nur ein EDS.“

Ein sehr verbreitetes Missverständnis ist die Annahme, EDS sei eine einzige Krankheit mit immer gleichen Symptomen.
Tatsächlich unterscheidet die aktuelle internationale Klassifikation (2017) 13 verschiedene Typen des Ehlers-Danlos-Syndroms.
Diese Typen beruhen auf unterschiedlichen genetischen Ursachen und zeigen teils sehr unterschiedliche Symptome und Schweregrade.

Zum Beispiel:

  • Beim vaskulären Typ (vEDS) sind vor allem Blutgefäße und innere Organe betroffen. Es besteht eine deutlich erhöhte Rupturgefahr.
  • Beim klassischen Typ (cEDS) stehen Haut, Wundheilung und Narben im Vordergrund.
  • Der hypermobile Typ (hEDS) betrifft vor allem die Gelenke und das autonome Nervensystem, wobei die genetische Ursache hier noch nicht eindeutig identifiziert ist.

Hier ist eine Auflistung der aktuell klassifizierten EDS-Typen:

 

Sechs dunkelblaue Balken mit weißen Texten zu verschiedenen EDS-Typen, rechts jeweils ein weißer Kreis mit dunkelblauem Rand.Liste mit verschiedenen Ehlers-Danlos-Syndrom-Typen, jeweils mit Abkürzung in Klammern, auf dunkelblauem Hintergrund.

 

Darüber hinaus vermuten Forschende, dass es weitere, bisher nicht klassifizierte Typen oder auch Mischtypen geben könnte.
Das erklärt, warum sich EDS bei Betroffenen so unterschiedlich zeigt und warum Diagnosen manchmal schwierig sind – es gibt nicht „das eine EDS“, sondern ein Spektrum von verwandten Erkrankungen.


  1. „EDS bedeutet nur, dass man ein bisschen zu flexibel ist.“

Viele Menschen, darunter auch medizinisches Fachpersonal, reduzieren EDS auf Überbeweglichkeit. Dabei ist das Syndrom eine systemische Erkrankung des Bindegewebes, die den gesamten Körper betrifft. Hypermobilität ist zwar ein Hauptsymptom, allerdings nicht das ganze Bild.


  1. „Wenn die genetischen Tests unauffällig sind, kann es kein EDS sein.“

Das stimmt nicht. Für die hypermobile Form (hEDS) ist noch kein spezifisches Gen identifiziert. Zudem gibt es vermutlich weitere Typen oder Mischtypen, die aktuell genetisch noch nicht nachgewiesen werden können.
Die Diagnose wird in manchen Fällen klinisch gestellt, also anhand der Symptome und Kriterien, nicht anhand eines Labortests.


  1. „Wenn man normal aussieht, kann es nicht so schlimm sein.“

EDS ist eine unsichtbare Erkrankung. Viele Betroffene sehen äußerlich oft gesund aus, kämpfen aber unter anderem mit chronischen Schmerzen, Erschöpfung, Instabilitäten oder Kreislaufproblemen. Zudem variiert die Intensität der Symptome je nach Tagesform sehr stark.
Das führt häufig zu Missverständnissen im Alltag und sogar zu Unglauben bei ärztlichem Personal oder im Umfeld.


  1. „Das ist so selten, das kann man also eigentlich nicht haben.“

Ja, EDS gilt als seltene Erkrankung, aber die hypermobile Form (hEDS) ist wahrscheinlich häufig unterdiagnostiziert. Die Symptome vieler Menschen mit chronischer Hypermobilität, Schmerzen oder Dysautonomie werden nie richtig abgeklärt.
Ein Teil des Problems liegt darin, dass nicht alle Fachleute die Diagnosekriterien kennen, sie unterschiedlich auslegen oder sich nicht zuständig fühlen.


  1. „Es gibt nichts, was man dagegen tun kann.“

EDS ist zwar nicht heilbar, aber die Symptome sind behandelbar, wenn man weiß, wie.
Gezielte Physiotherapie, Schmerzmanagement, Anpassungen im Alltag können die Beschwerden lindern. Außerdem ist eine (fach-)ärztliche Betreuung für EDS-Betroffene wichtig, um regelmäßige Kontrollen und nötige Anpassungen der Therapien und/oder Medikamente zu erhalten.
Das Ziel ist nicht „Heilung“, sondern mehr Lebensqualität und Stabilität, und das ist durchaus erreichbar.


  1. „Jede hypermobile Person hat EDS.“

Nein, nicht jeder Mensch mit hypermobilen Gelenken hat EDS.
Viele haben zum Beispiel eine Hypermobilitätsspektrumstörung (HSD) ohne systemische Beteiligung. Zudem gibt es auch Menschen mit asymptomatischer Hypermobilität, das bedeutet, dass bei ihnen die Überbeweglichkeit der Gelenke nicht zu Beschwerden oder Beeinträchtigungen führt. EDS erfordert weitere Kriterien, z. B. Hautveränderungen, chronische Schmerzen, Instabilitäten oder familiäre Muster.


  1. „Alles ist psychosomatisch.“

Viele Betroffene hören diesen Satz, oft nach Jahren ohne klare Diagnose.
Selbstverständlich können chronische Erkrankungen psychisch belastend sein, aber EDS ist eine körperliche Erkrankung, die in den meisten Fällen sogar genetisch nachgewiesen werden kann und anhand von klaren Kriterien diagnostiziert wird.
Psychische Unterstützung ist wichtig und kann hilfreich sein, aber sie ersetzt keine medizinische Anerkennung oder körperliche Behandlung.


  1. „Wenn du Sport machst, kann es nicht so schlimm sein.“

Bewegung ist wichtig, muss bei EDS allerdings gezielt und angepasst sein. Viele Betroffene können leichte Aktivitäten ausüben, müssen aber ihre Grenzen gut kennen. Abhängig vom individuellen körperlichen Zustand kann leichte sportliche Betätigung helfen, die Symptome zu verbessern. So können zum Beispiel leichte Übungen zum Aufbau der Muskulatur zu einer Stabilisierung der Gelenke führen, was die Hypermobilität und Instabilität etwas kompensieren kann.
Sportfähigkeit sagt nichts über die Schwere der Erkrankung aus. Sie zeigt vielmehr, wie individuell EDS verlaufen kann.


  1. „EDS betrifft nur Frauen.“

EDS kann alle Geschlechter betreffen.
Zwar werden mehr Frauen diagnostiziert, aber das liegt auch daran, dass Männer oft unterdiagnostiziert sind oder andere Symptome zeigen.
Hormone und Bindegewebsstruktur können die Ausprägung beeinflussen, aber EDS ist nicht geschlechtsspezifisch.


  1. „Man wächst da raus.“

EDS ist genetisch bedingt und bleibt lebenslang bestehen. Häufig verläuft die Erkrankung progredient, das bedeutet, dass Symptome mit der Zeit zunehmen.
Die Einschränkungen können sich mit dem Alter verändern (z. B. weniger Hypermobilität, dafür mehr Schmerzen oder Fatigue), aber die Ursache bleibt dieselbe.


Fazit

Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist viel mehr als „hypermobile Gelenke“ und „dehnbare Haut“. Es ist eine komplexe, chronische Systemerkrankung, die Verständnis und Aufmerksamkeit verdient.
Missverständnisse entstehen oft aus Unwissen und können sich nur durch Aufklärung und Sichtbarkeit auflösen.
Wenn Betroffene, Angehörige und Fachleute beginnen, EDS als das zu sehen, was es ist, kann der Weg zu besserer Versorgung und mehr Akzeptanz beginnen.

 

Chronisch krank - Person mit Kopfhörern sitzt im Schneidersitz, umgeben von vielen bunten Sprechblasen in verschiedenen Formen und Größen.

Chronisch krank – wie Sprache Betroffene stärken oder schwächen kann

Chronisch krank – wie Sprache Betroffene stärken oder schwächen kann

Sichtbar oder unsichtbar – chronische Erkrankungen gehören zum Alltag von Millionen Menschen. Doch während der medizinische Bereich oft im Vordergrund steht, bleibt eine andere Ebene häufig unbeachtet: die Sprache.

Worte sind mehr als nur Mittel zur Kommunikation. Sie können trösten, anerkennen und stärken – oder verletzen, verharmlosen und isolieren. Viele Betroffene werden nicht nur mit ihren Symptomen, sondern auch mit dem Unverständnis ihres Umfelds konfrontiert. Manche Aussagen mögen gut gemeint sein, doch sie bewirken oft das Gegenteil.

Dieser Artikel zeigt, welche Formulierungen im Kontakt mit chronisch kranken Menschen problematisch sein können, warum sie so wirken und wie man stattdessen Worte finden kann, die Verständnis und Unterstützung ausdrücken.


1. „Jeder hat mal Schmerzen / ist müde / hat schlechte Tage.”

Verharmlost den Unterschied zwischen normalen Beschwerden, die jeder Mensch mal hat, und chronischem Leiden, was häufig das Leben der Betroffenen komplett verändert.

Besser: „Danke, dass du mir Einblick gibst in etwas, das ich selbst nicht nachempfinden kann.“

2. „Du warst doch gestern noch unterwegs. So schlecht kann’s dir ja nicht gehen.“

Verkennt das „Boom & Bust“-Muster vieler chronischer Erkrankungen. Gute Tage bedeuten nicht, dass man direkt geheilt ist.

Besser: „Ich weiß, dass du dir deine Kräfte gut einteilen musst. Brauchst du heute eher Ruhe oder hast du genug Energie, um etwas zu unternehmen?“

3. „Man muss halt das Beste draus machen.“

Ein wohlmeinender Durchhalte-Satz, der aber schnell toxisch-positiv wirken kann, wenn er Druck ausübt, „funktionieren“ zu müssen.

Besser: „Ich sehe, wie du dich durchkämpfst. Es ist okay, frustriert zu sein. Du darfst dich so fühlen, wie du dich fühlst.“

4. „Du darfst dich da nicht so reinsteigern.“

Unterstellt, dass man selbst schuld an der eigenen Wahrnehmung oder Belastung ist. Das kann sehr verletzend sein. Es ist in Ordnung und verständlich, auch mal überfordert und ängstlich zu sein.

Besser: „Das klingt wirklich belastend. Danke, dass du das mit mir teilst. Kann ich irgendetwas für dich tun?“

5. „Ich wünschte, ich könnte den ganzen Tag im Bett bleiben / nicht arbeiten / krankgeschrieben sein.“

Klingt wie ein Witz, trifft aber oft genau den wunden Punkt, denn das „Nichtkönnen“ ist nicht freiwillig, sondern belastend.

Besser: „Ich sehe, wie viel du durchmachst. Ich hoffe, du bekommst die Pausen, die du brauchst.“

6. „Das bildest du dir sicher nur ein. / Das ist psychosomatisch.“

Kann extrem verletzend sein. Viele seltene oder chronische Erkrankungen sind medizinisch schwer greifbar, aber deshalb nicht weniger real bzw. haben nicht direkt eine psychische Ursache.

Besser: „Ich glaube dir. Es muss frustrierend sein, ständig erklären zu müssen, was du erlebst und fühlst.“

7. „Wenn du dich mehr bewegen würdest, ginge es dir besser.”

Diese Aussage ist übergriffig, weil sie voraussetzt, dass Bewegung immer und für jede Person hilfreich ist. Dabei wird ignoriert, dass Betroffene oft ihre eigenen Grenzen genau kennen und Erschöpfung nichts mit „zu wenig Bewegung“ zu tun hat. Bei manchen Erkrankungen ist Bewegung kontraindiziert oder gar unmöglich.

Besser: „Was hilft dir an guten Tagen, um mit deinem Körper in Balance zu bleiben?“ Oder: „Höre auf deinen Körper. Du kennst ihn am besten!“

8. „Du siehst aber gut aus!“

Ungewollt kann das wie: „Du siehst gut aus, also kann es dir nicht schlecht gehen“ wirken. Viele Betroffene haben gelernt, trotz Schmerzen „normal“ zu wirken.

Besser: „Es freut mich, dich zu sehen. Wie geht es dir heute wirklich?“

9. „Du bist doch viel zu jung, um so krank zu sein.“

Klingt vielleicht wie Mitgefühl, kann aber entmutigend wirken, als wäre die eigene Realität unpassend oder unglaubwürdig.

Besser: „Ich finde es beeindruckend, wie du mit all dem umgehst. Möchtest du erzählen, wie es dir wirklich geht?“

10. „Du musst positiver denken.“

Klingt wie ein Ratschlag, wirkt aber oft wie Victim-Blaming oder ein Absprechen der Realität. Es vermittelt den Eindruck, als könne man ein komplexes, chronisches Krankheitsbild mit etwas Optimismus einfach „wegdenken“. Es ist in Ordnung, auch frustriert über die eigene Situation zu sein.

Besser: „Ich weiß, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Ich bin für dich da.“

11. „Du siehst gar nicht krank aus.“

Klingt wie ein Kompliment, kann aber entwertend wirken, so als ob sichtbare Symptome nötig wären, um ernst genommen zu werden. Außerdem: Wie sieht denn jemand aus, der chronisch krank ist? Jede Person ist individuell.

Besser: „Ich weiß, man sieht dir das nicht an. Danke, dass du mir davon erzählst, damit ich es mir besser vorstellen kann.“

12. „Hast du es schon mal mit XY probiert?“ (Diäten, Yoga, etc.)

Gut gemeint, aber oft übergriffig oder ungebeten. Betroffene haben meist schon unzählige Optionen probiert.

Besser: „Wenn du möchtest, höre ich dir einfach zu. Sag Bescheid, wenn du über Vorschläge oder mögliche Wege sprechen willst.“


Fazit

Sprache allein heilt keine Krankheit, aber sie prägt entscheidend, wie Betroffene ihre Erkrankung im sozialen Umfeld erleben. Einfühlsame Worte können Brücken bauen, Zugehörigkeit vermitteln und Resilienz stärken. Unüberlegte Aussagen hingegen können zusätzlich belasten und das Gefühl von Einsamkeit verstärken.

Wer bewusst zuhört, nachfragt und respektvoll formuliert, zeigt nicht nur Mitgefühl, sondern macht deutlich: Du bist nicht allein, und dein Erleben ist real. Am Ende geht es weniger darum, die „perfekten“ Worte zu finden, sondern vielmehr um die Bereitschaft, die Lebensrealität chronisch kranker Menschen wahrzunehmen und zu verstehen.

GWAS hEDS - Seitliche Darstellung eines menschlichen Körpers mit hervorgehobener Wirbelsäule und Nervenbahnen neben einer DNA-Doppelhelix.

Genomweite Assoziationsstudie (GWAS) liefert genetische Hinweise zu hEDS

Genomweite Assoziationsstudie (GWAS) liefert genetische Hinweise zu hEDS

Worum geht es?

Das hypermobile Ehlers-Danlos-Syndrom (hEDS) ist die häufigste Form der Ehlers-Danlos-Syndrome, einer Gruppe von erblichen Bindegewebserkrankungen. Die typischen Hauptsymptome sind überbewegliche Gelenke, verletzliches Gewebe und chronische Schmerzen im Bewegungsapparat.

Doch viele Betroffene erleben zusätzlich Beschwerden, die weit über Knochen und Muskeln hinausgehen. Sie leiden häufig auch unter Störungen des autonomen Nervensystems, gastrointestinalen Beschwerden, Immunsystemdysregulationen und neuropsychiatrischen Beeinträchtigungen.

Das macht die Erkrankung sehr komplex und die Diagnose oft schwierig. Zudem deutet diese Vielschichtigkeit darauf hin, dass es sich bei hEDS um eine Multisystemerkrankung handelt, die vermutlich nicht durch eine einzige genetische Mutation hervorgerufen wird.
Während die Ursachen bei anderen EDS-Formen meist klar in einzelnen Genen liegen, blieb der genetische Hintergrund von hEDS bisher unklar.

Eine neue große Studie hat dieses Phänomen nun genauer untersucht. Forschende führten eine sogenannte genomweite Assoziationsstudie (GWAS) durch. Dabei werden Millionen genetische Varianten bei Betroffenen mit denen von gesunden Kontrollpersonen verglichen. Insgesamt wurden Daten von fast 2.000 Menschen mit hEDS und ungefähr 5.000 Kontrollpersonen ausgewertet. Die Ergebnisse wurden nun in einem Preprint veröffentlicht.


Welche Ergebnisse liefert die Studie?

  • Es wurden verschiedene Loci (Regionen im Erbgut)gefunden, die mit einem höheren Risiko für hEDS zusammenhängen.
  • Besonders wichtig ist anscheinend ein Bereich in der Nähe des ACKR3-Gens auf Chromosom 2, das mit Schmerzverarbeitung, Nervensystem und Immunreaktionenassoziiert ist.
  • Interessant ist auch das KCNV1-Gen auf Chromosom 8, das in der Studie als möglicher Risikofaktor für hEDS gefunden wurde. KCNV1 spielt eine Rolle im Nervensystem,und Mutationen könnten die Schmerzempfindung oder die neuromuskuläre Funktion
  • Weitere Analysen fanden zudem häufige Varianten in einem Bereich mit mehreren Kandidatengenen, darunter SLC39A13, ein Zinktransporter, der für die Entwicklung von Bindegewebe entscheidend ist. Mutationen im SLC39A13-Gen wurden bereits bei Menschen mit einer seltenen Form von EDS, dem spondylodysplastischen EDS, beschrieben.
  • Auch die benachbarten Gene MADDund PSMC3, die in Nervensystem- und Immunprozesse eingebunden sind, zeigten Hinweise auf eine Beteiligung.
  • Zusätzlich prüfte das Forschungsteam, wie stark sich die genetischen Strukturen und Grundlagen von hEDS mit denen anderer Erkrankungen, die häufig in Kombination mit hEDS auftreten, überschneiden. Dabei zeigten sich deutliche Zusammenhänge mit ME/CFSFibromyalgieDepressionAutismus-Spektrum-Störungen, Angststörungen, Migräne und gastrointestinalen Erkrankungen.

Was bedeutet das?

Es konnte gezeigt werden, dass verschiedene genetische Varianten eine Rolle bei hEDS spielen. Die Forschenden schlagen daher ein erweitertes Krankheitsmodell vor: hEDS ist nicht nur eine Bindegewebsstörung, sondern vielmehr eine multisystemische neuroimmune-stromale Erkrankung, die Nervensystem, Immunabwehr, Bindegewebe und Schmerzregulation betrifft. (Stroma = stützendes Bindegewebe eines Organs).

Diese Sichtweise könnte die große klinische Vielfalt (von Gelenkproblemen bis zu Fatigue und psychischen Symptomen) sowie die unterschiedlich starken Ausprägungsgrade bei Betroffenen erklären. Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt, um die Krankheit besser zu verstehen, in Zukunft genauer zu diagnostizieren und vielleicht sogar neue Behandlungsansätze zu entwickeln.


Was gibt es zu beachten?

  1. Diagnoseunsicherheit:
    Die Diagnose von hEDS ist kompliziert und dauert oft Jahre. In dieser Studie haben viele Teilnehmende nur eine Selbstdiagnose angegeben. Dadurch könnten die Ergebnisse teilweise auch Menschen mit Hypermobilitätsspektrumstörungen betreffen und somit ungenauer sein. Bestätigende Studien mit klinisch eindeutig diagnostizierten hEDS-Betroffenen wären nötig.
  2. Genetische Ungenauigkeit:
    Bei bestimmten Genregionen (z. B. SLC39A13) liegen viele genetische Varianten sehr eng beieinander. Das erschwert es, die tatsächlich ursächliche Variante herauszufinden. Hier braucht es weitere Tests und größere, vielfältigere Datensätze.
  3. Begrenzte Komorbiditäts-Analyse:
    Die Untersuchung der genetischen Überschneidungen mit Begleiterkrankungen war auf diejenigen Krankheiten beschränkt, für die bereits ausreichend große genetische Datensätze verfügbar sind. Zukünftige Studien sollten auch andere relevante Begleiterkrankungen einbeziehen.
  1. Preprint: Dieser Artikel basiert auf einem Preprint, also einer Studie, die noch nicht von anderen Wissenschaftler geprüft wurde. Die Ergebnisse sind vorläufig und sollten nicht als Grundlage für medizinische Entscheidungen oder Behandlungen genutzt werden.

 

Quelle: Complex Genetics and Regulatory Drivers of Hypermobile Ehlers-Danlos Syndrome: Insights from Genome-Wide Association Study Meta-analysis, 21.09.2025, verfügbar unter: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2025.09.19.25336146v1.full-text 

 

 

 

 

hEDS Studie - Frau in weißem Laborkittel sitzt vor Mikroskop, umgeben von digitalen Darstellungen von DNA-Strängen, Molekülen und wissenschaftlichen Daten.

hEDS Studie: Immunsystem im Fokus

hEDS: Neue Studie deckt Immunstörungen beim Ehlers-Danlos-Syndrom auf

Was ist das hypermobile Ehlers-Danlos-Syndrom (hEDS)?

Das hypermobile Ehlers-Danlos-Syndrom (hEDS) ist der häufigste Typ der Ehlers-Danlos-Syndrome und galt bislang vor allem als reine Bindegewebsstörung. Im Gegensatz zu anderen EDS-Typen gibt es jedoch keinen spezifischen genetischen Marker oder andere eindeutige Bluttests für hEDS, was Diagnose, Forschung und Therapie erschwert.

Neue Erkenntnisse: Rolle des Immunsystems bei hEDS

Eine neue Studie zeigt nun, dass auch das Immunsystem eine zentrale Rolle spielen könnte. Forschende fanden in Blutproben von hEDS-Patientinnen deutliche Veränderungen in über 30 Proteinen, insbesondere im Komplementsystem. Das Komplementsystem ist ein wichtiger Teil der Immunabwehr.

Diese Ergebnisse stellen die bisherige Sichtweise infrage und deuten darauf hin, dass hEDS nicht nur zu schwachem Bindegewebe führt, sondern dass es sich um eine Erkrankung mit immunologischer Komponente handelt. Dies könnte langfristig neue Möglichkeiten für Diagnostik und Therapie eröffnen.

Ein genauerer Blick in die Studie

Die Forschenden analysierten das Blut von 29 Frauen mit hEDS und 29 gesunden Kontrollpersonen mithilfe einer Methode zur Identifizierung und Quantifizierung von Proteinen. Dabei wurden 35 Proteine gefunden, die sich bei hEDS signifikant von denen der Kontrollpersonen unterschieden.

Zentrale Ergebnisse

  • 80 % der veränderten Proteine waren mit Immun-, Gerinnungs- oder Entzündungsprozessen verknüpft.

  • 43 % dieser Proteine gehörten zum sogenannten Komplementsystem, einem zentralen Bestandteil der Immunabwehr.

  • Bestätigende Tests (ELISA) bei einer größeren Gruppe zeigten verringerte Spiegel mehrerer Komplementproteine (C1QA, C3, C8A, C8B, C9) bei hEDS-Betroffenen.

  • Eine Analyse von Zytokinen ergab, dass die Signalwege zwischen Immunzellen gestört sind, was auf eine fehlregulierte Entzündungsreaktion hindeutet.

  • Auch die Kommunikation von Immunzellen war beeinträchtigt.

Bedeutung der Studienergebnisse

Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Störungen des Immunsystems ein zentrales Merkmal von hEDS sein könnten. Damit wird die bisherige Sichtweise, hEDS sei ausschließlich eine Bindegewebsstörung, infrage gestellt. Wahrscheinlich spielen sowohl Immunfehlfunktionen als auch Bindegewebsprobleme zusammen eine Rolle.

Auch die Erfahrungsberichte vieler Betroffener, die immunbedingte Symptome aufweisen, bestätigen diese Sichtweise.

Die Studie ist die erste ihrer Art und erfordert Bestätigung in Folgestudien mit einer größeren Anzahl an Teilnehmenden. Künftige Forschung soll klären, wie diese Proteinveränderungen mit Symptomen zusammenhängen, ob die Immunveränderungen Ursache oder Folge sind und ob sich daraus neue diagnostische oder therapeutische Ansätze ergeben.

Fazit: hEDS betrifft mehr als nur Bindegewebe

Während diese Studie wichtige Hinweise zur Rolle des Immunsystems bei hEDS liefert, ist es wichtig zu betonen, dass hEDS weit mehr als nur Bindegewebe und Immunsystem betrifft. Unter anderem können auch Blutgerinnung, Muskeln, Koordination, das Nervensystem, das Herz-Kreislauf-System sowie der Magen-Darm-Trakt betroffen sein.

All dies zeigt, dass hEDS eine vielschichtige Erkrankung ist, die mehrere Körpersysteme gleichzeitig beeinträchtigen kann und sich vermutlich nicht auf eine einzige Ursache zurückführen lässt. Um die komplexen Mechanismen und Ursachen von hEDS besser zu verstehen, sind noch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen nötig.


🔗 Quelle:
„Proteomic discoveries in hypermobile Ehlers–Danlos syndrome reveal insights into disease pathophysiology“ in ImmunoHorizons, 2025, 9(10), vlaf044, 17.09.2025
Link zur Studie

Pacing - Eine junge Erwachsene liegt entspannt auf einem grauen Sessel, trägt ein weißes T-Shirt und hat eine Decke über den Beinen. Sonnenlicht fällt durch das Fenster.

Pacing bei EDS & ME/CFS: Schutz vor Überlastung

Pacing: So schützt du dich vor Überlastung bei EDS, ME/CFS & Fatigue

Was ist Pacing?

  • Pacing ist eine bewährte Energiemanagement-Strategie, die darauf abzielt, die Energie über den Tag hinweg gut zu verteilen.
  • Ziel ist es, Phasen, in denen man sich überanstrengt, zu vermeiden, um eine (schwerwiegende) Zustandsverschlechterung möglichst zu verhindern.
  • Stattdessen bleibt man innerhalb der individuell verträglichen Belastungsgrenze, damit Symptome wie Erschöpfung oder Schmerzen nicht zunehmen.
  • Diese Belastungsgrenze muss man selbst herausfinden und gegebenenfalls immer wieder neu anpassen.

Warum ist Pacing bei EDS wichtig?

EDS-Betroffene leiden häufig unter chronischen Schmerzen und Fatigue. Dies kann entweder als Symptom von EDS oder im Rahmen von ME/CFS auftreten. ME/CFS lässt sich bei viele Menschen mit EDS zusätzlich als eigenständige Begleiterkrankung finden.

Unabhängig davon, wodurch die Fatigue im individuellen Fall verursacht wird, ist es ratsam, sich mit dem Konzept von Pacing vertraut zu machen und zu versuchen, es nach Möglichkeit Schritt für Schritt in den Alltag zu integrieren, da es dem Symptommanagement dient und langfristig dazu beitragen kann, dass sich die Symptome verbessern oder man zusätzliche Crashs (Schübe) vermeiden kann.

Wichtig zu wissen ist, dass Pacing allein keine Garantie ist, dass sich die Symptome oder der Krankheitsverlauf von ME/CFS nachhaltig verbessert. Allerdings existieren viele Erfahrungsberichte von Betroffenen, aus denen hervorgeht, dass Pacing durchaus helfen kann.

Wie funktioniert Pacing?

1. Baseline ermitteln

  • Finde vorsichtig durch Probieren heraus, wie lange du eine Aktivität (z. B. Stehen oder Gehen) bewältigen bzw. tolerieren kannst, ohne dass deine Symptome zunehmen.
  • Dann empfiehlt es sich, immer leicht unterhalb dieser Grenze zu bleiben, um eine Art „Sicherheitspuffer“ zu haben und sich nicht direkt zu überfordern, falls man mal eine schlechtere Phase hat.

2. Aktivitäten planen, priorisieren, pausieren

  • Nutze z. B. eine Tagesplanung in Stunden-Segmenten.
  • Teile Tätigkeiten in kleine Schritte auf und baue feste Pausen ein.
  • Wichtig: Auch wenn du während einer Aktivität eventuell noch nicht das Gefühl hast, dass du eine Pause benötigst, ist es dennoch empfehlenswert, sich an geplante Pausen zu halten, da man sich auch unbewusst überfordern kann, ohne es in der Situation zu bemerken. Die Symptomverschlechterung tritt bei Fatigue oder ME/CFS (insb. bei PEM*) oft zeitverzögert auf!

3. Körperliche, geistige und emotionale Belastung

  • Pacing gilt nicht nur für körperliche Aktivität, sondern auch bei geistiger oder emotionaler Anstrengung. Auch Reize wie Licht oder Geräusche zählen dazu.

4. Anpassung an Tagesform

  • Die Belastbarkeit kann von Tag zu Tag oder von Woche zu Woche schwanken. Orientiere dich bei der Planung von Aktivitäten und Pausen lieber an einem „schlechten Tag“.

5. Symptome beobachten

  • Stoppe, sobald du erste Anzeichen von Erschöpfung oder Schmerzen spürst, bevor es zu spät ist.

 

*Was ist PEM?

  • PEM steht für Post-Exertionelle Malaise
  • PEM ist das Leitsymptom von ME/CFS.
  • Es handelt sich um eine unverhältnismäßig starke Verschlechterung aller oder vieler Symptome nach körperlicher, geistiger oder emotionaler Anstrengung.
  • Der Auslöser muss nicht groß sein. Schon Dinge wie Duschen, ein Spaziergang, ein Gespräch oder Lesen können zu einer Symptomverschlechterung führen. 
  • Die Verschlechterung tritt nicht immer sofort auf, sondern häufig erst verzögert nach ca. 12-48 Stunden. 
  • Dauer: PEM kann Tage bis Wochen anhalten. In schlimmen Fällen kann es sogar zu einer dauerhaften Verschlechterung kommen. 

Unterschied zu Fatigue

  • Fatigue = anhaltende Erschöpfung
    • Verbessert sich durch Ruhe kaum oder nur wenig
    • ist ein Teil von ME/CFS, aber nicht das einzig entscheidende Symptom. 
  • PEM hingegen geht darüber hinaus
    • Tritt nach Belastung auf
    • Kann viele Symptome verursachen oder verstärken: Schmerzen, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, allgemeines Unwohlsein, kognitive Probleme, grippeähnliche Symptome, autonome Störungen etc. 
    • Es ist nicht proportional zur Belastung, und der Körper kann nicht einfach durch Schlaf oder Ruhe zurück zur Ausgangslage.

 

Worauf du achten solltest

  • Hilfsmittel einsetzen: z. B. körperliche (Duschhocker, Rollator), sensorische (Gehörschutz, Sonnenbrille) oder digitale (Timer, Schrittzähler) Tools.
  • Festhalten trotz guter Tage: Auch an guten Tagen Pausen einplanen, um Rückfälle zu vermeiden.
  • Realistische Ziele setzen: Beginne lieber langsam und steigere deine Aktivität Schritt für Schritt, wenn du merkst, dass du es tolerieren kannst. Auch wenn es eventuell schwerfällt, ist es wichtig, Prioritäten zu setzen und Überforderung zu vermeiden.
  • Eigene Grenzen beachten: Auch Therapien wie Physiotherapie oder Ergotherapie sind anstrengend und sollten bei der Planung berücksichtigt werden. Lass dich nicht von anderen motivieren, mehr zu tun als du kannst, und beachte deine eigenen Grenzen. Du kennst deinen Körper am besten!
  • Nicht mit anderen vergleichen: Jede Person hat ein individuelles Energielevel und individuelle Belastungsgrenzen.

Fazit

Pacing bedeutet, sich durch Planung, regelmäßige Pausen und Flexibilität innerhalb der persönlichen Belastungsgrenzen zu bewegen. So lassen sich im besten Fall Aktivität, Lebensqualität und Teilhabe verbessern, ohne Symptome zu verstärken. Bei manchen Betroffenen kann es dabei helfen, eine weitere Verschlechterung zu verhindern. Es ist keine Heilung, aber ein essenzielles Werkzeug zur Stabilisierung chronischer Symptome bei EDS und Fatigue oder ME/CFS.

Hinweis: Dieser Beitrag ist auch in Einfacher Sprache verfügbar. Siehe unten.

Quellen

Ein Glühbirnen-Symbol links, ein offenes Buch-Symbol unten. Text: 'Forschung finden, Wissen stärken. Dein Guide zu EDS & HSD'.

Forschung zu EDS & HSD finden – dein Ratgeber

🌿 Forschung finden, Wissen stärken: Dein Guide zu EDS & HSD

Warum Forschung so wichtig ist

Für Menschen mit Ehlers-Danlos-Syndromen (EDS) und Hypermobilitäts-Spektrum-Störungen (HSD) sind verlässliche Informationen oft schwer zugänglich. Viele Betroffene kennen das:

  • Stundenlange Google-Suchen führen zu widersprüchlichen oder unvollständigen Antworten.

  • Medizinische Fachartikel sind entweder hinter Bezahlschranken oder in komplizierter Fachsprache verfasst.

  • In Foren oder Blogs gibt es zwar Erfahrungsberichte, aber nicht immer wissenschaftlich fundierte Informationen.

Gerade bei seltenen Erkrankungen ist Wissen jedoch Macht: Forschung hilft uns, Symptome besser zu verstehen, neue Therapieansätze zu entwickeln und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. (The Ehlers-Danlos Society, 2024)


Wo findet man gute Forschung?

Es gibt einige zentrale Datenbanken und Plattformen, die für Betroffene wie Fachleute nützlich sind:

🔎 Google Scholar

  • Frei zugängliche Suchmaschine für wissenschaftliche Artikel.

  • Enthält sowohl peer-reviewte Studien als auch Vorabveröffentlichungen und Bücher.

  • Tipp: Ergebnisse immer kritisch prüfen, da nicht alles denselben wissenschaftlichen Standard erfüllt.

📚 PubMed

  • Eine der wichtigsten medizinischen Datenbanken weltweit.

  • Enthält Millionen Artikel aus Fachzeitschriften der Medizin und Biowissenschaften.

  • Mit Filtern kannst du gezielt nach aktuellen Studien, Reviews oder Open-Access-Artikeln suchen.

📖 Wiley Online Library

  • Große Plattform für Fachzeitschriften und Bücher.

  • Viele Artikel sind kostenpflichtig, aber ein wachsender Anteil ist Open Access.

  • Besonders hilfreich, wenn man tiefer in spezielle Themenbereiche einsteigen möchte.


Praktische Tipps für deine Suche

Damit die Recherche nicht in einer Informationsflut endet, lohnt es sich, gezielt vorzugehen:

1. Klare Suchbegriffe verwenden

Statt nur „Ehlers-Danlos“ einzugeben, hilft es, präzise Fragen zu stellen, z. B.:

  • „Ehlers-Danlos syndrome AND pain management“

  • „Hypermobility spectrum disorder OR HSD AND quality of life“

2. Suchoperatoren nutzen

  • AND: Verknüpft Begriffe (z. B. „EDS AND fatigue“)

  • OR: Sucht nach mehreren Begriffen (z. B. „EDS OR HSD“)

  • NOT: Schließt Begriffe aus (z. B. „EDS NOT vascular“)

  • „Anführungszeichen“: Für exakte Phrasen („chronic pain“)

  • Sternchen *: Für Wortvarianten („hypermobile*“ → hypermobility, hypermobile)

3. Filter einsetzen

  • Veröffentlichungszeitraum (z. B. nur die letzten 5 Jahre)

  • Artikeltyp (z. B. Reviews, klinische Studien)

  • Zugänglichkeit (Open Access vs. kostenpflichtig)


Was tun bei Paywalls?

Viele Studien sind kostenpflichtig – aber es gibt Wege, trotzdem Zugriff zu bekommen:

  • Open Access: Immer mehr Verlage stellen Artikel frei zur Verfügung.

  • Universitätsbibliotheken: Viele Hochschulen bieten öffentlichen Zugang zu ihren Datenbanken.

  • Anfragen beim Autorenteam: Forschende stellen ihre Artikel oft auf Anfrage zur Verfügung.

  • ResearchGate oder Academia.edu: Plattformen, auf denen Autoren ihre Arbeiten teilen.


Ein Beispiel aus der Praxis

Stell dir vor, du willst herausfinden, welche Therapieansätze bei chronischen Schmerzen durch HSD am besten untersucht sind.

  1. Du gehst auf PubMed.

  2. Gibst ein: „Hypermobility spectrum disorder AND chronic pain AND management“.

  3. Setzt den Filter „Review“ und „Letzte 5 Jahre“.

  4. Ergebnis: eine Auswahl aktueller Übersichtsarbeiten, die verschiedene Behandlungsansätze vergleichen.

So erhältst du nicht nur Einzelberichte, sondern wissenschaftlich geprüfte Übersichten, die einen schnellen Überblick verschaffen.


Fazit

Wissen ist ein entscheidender Baustein im Umgang mit EDS und HSD.
Mit den richtigen Strategien kannst du:

  • seriöse Informationen finden,

  • neue Forschungstrends verfolgen

  • und dich besser auf Gespräche mit Behandelnde und Therapeuten vorbereiten.

Die Ehlers-Danlos Society hat dazu einen praktischen Guide erstellt, der dir Schritt für Schritt zeigt, wie du selbst Forschung finden kannst:
👉 How to Find Research on EDS and HSD


Quellen

Podcast - Junge Frau liegt auf dem Boden, trägt weiße Kopfhörer und nutzt einen Laptop, umgeben von bunter Kleidung

Podcast Empfehlungen

Podcast-Empfehlungen für Menschen mit chronischen Erkrankungen

Das Leben mit einer chronischen Erkrankung wie dem Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS)ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) oder PoTS (Posturales Tachykardiesyndrom) bringt viele Herausforderungen mit sich: körperlich, emotional und sozial. Podcasts können dabei helfen, sich informiert, bestärkt oder einfach verstanden zu fühlen.

Hier findest du eine Auswahl empfehlenswerter deutschsprachiger und englischsprachiger Podcasts jeweils mit kurzer Beschreibung.

Deutschsprachige Podcasts

1, „Spoons Out of Control“ – von Alina Snowwhite

Podcast-Titel 'Spoons Out of Control' mit stilisiertem Stethoskop und Audio-Wellenform, Frau mit langen blonden Haaren und beigem PulloverInformativer Podcast, der inspirierenden Erfahrungsberichten und Geschichten von Betroffenen über ihre Erkrankung und/oder Behinderung mit medizinischen Themen wie z.B. Medical Gaslighting oder Ableismus verbindet. Man bekommt alltagsnahe Tipps und Einblicke in das Leben von Menschen mit ME/CFS, EDS und anderen seltenen und/oder chronischen Erkrankungen.

Link zum Podcast: https://www.podcast.de/podcast/3112143/spoons-out-of-control

 

2, „Unglaublich Krank“ – von Prof. Martin Mücke und Esther Schweins

Podcast-Titel 'Unglaublich krank' mit Untertitel 'Patienten ohne Diagnose', zwei Personen, eine Frau mit langem Haar und gemustertem Oberteil, ein Mann in weißem Arztkittel mit StethoskopIn jeder Folge wird ein dramatischer Krankheitsfall erzählt: Beginnend mit rätselhaften Symptomen, bis zur finalen, lebensverändernden Diagnose. Die Geschichten beruhen auf realen Fällen, sind aber anonymisiert und dramaturgisch aufbereitet. Es entsteht ein Mix aus Krimi und Medizin. Der Fokus liegt auf seltenen Erkrankungen, die verständlich erklärt werden. Der Podcast beinhaltet zudem die Reihe „Mückes Mikro-Medizin“, in der interessante medizinische Phänomene verständlich erklärt werden.

Link zum Podcast: https://unglaublich-krank.podigee.io

 

3, „Superhelden ohne Cape“ – von Anne Reimann

Frau mit lockigem Haar trägt eine Leopardenmuster-Bluse vor grünem Hintergrund mit Text 'Superhelden ohne Cape' und 'Von der Genesung chronischer Erkrankungen'Der Podcast besteht aus mutmachenden Gesprächen mit Menschen, die mit chronischen Krankheiten leben oder diese überwunden haben. Themen sind unter anderem EDS, ME/CFS, Fibromyalgie und mehr. Der Fokus liegt auf Resilienz und  Hoffnung.

Link zum Podcast: https://www.podcast.de/podcast/2845673/superhelden-ohne-cape

 

4, „Unwetter im Kopf“ – Der Migräne Podcast von Sabrina Wolf

Frau mit hochgestecktem Haar und schwarz-weiß gemustertem ärmellosem Kleid, hält Hand an Kopf. Text: 'Unwetter im Kopf Der Migräne Podcast mit Sabrina'.Sabrina Wolf ist selbst betroffen, teilt ihren Alltag mit Migräne, gibt Tipps zur Selbsthilfe und spricht mit Fachleuten sowie Betroffenen. Der Podcast ist wissenschaftlich fundiert und zugleich empathisch und praxisnah. Er ist ideal für Betroffene und deren Umfeld, bietet verständliche Infos, Tipps und Gefühle aus erster Hand.

Link zum Podcast: https://www.podcast.de/podcast/920087/unwetter-im-kopf-der-migraene-podcast

 

5, „Migräne-Sprechstunde“ von headacy mit Prof. Dr. Dagny Holle-Lee und Laura-Clarissa Daume

Schriftzug 'Migräne Sprechstunde' mit dem Logo und Namen 'headacy' auf einem Verlaufshintergrund

Dieser Podcast bietet fundierte Einblicke in das Thema Migräne und richtet sich an Betroffene sowie Interessierte. Es werden aktuelle Fragen aus der Community behandelt, neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorgestellt und praktische Tipps zur  Bewältigung von Migräne gegeben.

Link zum Podcast: https://open.spotify.com/show/47zjkpkjW5tDoAHrprWtoB

 

 

 

Englischsprachige Podcasts

1, „The Bendy Bodies Podcast“ – von Dr. Linda Bluestein

Frau mit langen blonden Haaren trägt blaue Bluse und schwarze Jacke vor lila Hintergrund mit Text 'The Bendy Bodies Podcast with Doctor Linda Bluestein, MD'Dr. Linda Bluestein ist Ärztin und Expertin für Hypermobilität. Ihr Podcast fokussiert sich auf Themen rund um EDS, POTS, Hypermobilität und verwandte Erkrankungen. Er basiert auf medizinischem Wissen und behandelt unter anderem Tipps zum Lebensstil und Managementstrategien. Regelmäßig werden Fragen aus der Community beantwortet, um den Austausch und das Verständnis zu fördern.

Link zum Podcast: https://www.bendybodiespodcast.com

2, „The POTScast“ – von Standing Up to POTS

Logo des Podcasts 'The Potscast' mit Herz und Kopfhörern, Herz zeigt Herzschlaglinie

Der POTScast ist ein Podcast, der sich mit dem Posturalen Tachykardiesyndrom (PoTS) und verwandten Erkrankungen wie zum Beispiel dem Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) beschäftigt. Er beinhaltet Fachinterviews, Alltagstipps und Forschungsergebnisse, um Betroffenen und deren Angehörigen zu helfen, besser mit diesen chronischen Erkrankungen umzugehen.

Link zum Podcast: https://www.standinguptopots.org/podcast

 

3, „Mast Cell Matters“ – von Dr. Tania Dempsey

Podcast-Titel 'Mast Cell Matters' über Mastzellaktivierungssyndrom mit Dr. Zena Garrison, präsentiert von POTSCASTIn diesem Podcast geht Dr. Tania Dempsey, eine weltweit anerkannte Expertin für MCAS, in die Tiefe der Erkrankung. Sie spricht mit Fachleuten und Forschenden über Symptome, Begleiterkrankungen, Diagnose und Behandlung von MCAS. Der Podcast  bietet wertvolle Informationen für Betroffene und medizinisches Fachpersonal, die ein besseres Verständnis für MCAS entwickeln möchten.

Link zum Podcast: https://drtaniadempsey.com/podcast/

 

4, „The Spoonie Struggle“ – von Jessica Temple

Klemmbrett mit gezeichneter Holzlöffel und Text 'The Spoonie Struggle', Stethoskop hängt am KlemmbrettJessica Temple ist klinische Neuropsychologin und selbst vom Ehlers-Danlos-Syndrom betroffen. Sie spricht in ihrem Podcast offen über das Leben mit chronischen Erkrankungen und Schmerzen und lädt Fachleute ein, um über Diagnose, Behandlung, Selbstfürsorge und Empowerment zu sprechen. Betroffene teilen ihre persönlichen Geschichten, um zu ermutigen, aufzuklären und zu motivieren.

Link zum Podcast: https://thespooniestruggle.libsyn.com

 

5, Hypermobility Youtube channel von Jeannie Di Bon”

Person mit schulterlangem blonden Haar trägt ein dunkelblaues T-Shirt und lehnt an einer Wand aus hellen ZiegelsteinenJeannie Di Bon ist EDS-Spezialistin und fokussiert auf das Thema Schmerzen und Bewegung bei EDS und Hypermobilität. Auf ihrem YouTube Kanal teilt sie, ähnlich wie bei einem Podcast, hilfreiche Tipps für Betroffene. Dabei geht es zum Teil auch um häufige Begleiterkrankungen von EDS.

Link zum YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UCh3dgBm_L5pwaeBQI-Q7yVw

 

Fazit

Ob medizinisch fundiert, emotional unterstützend oder einfach inspirierend: Podcasts können Kraft spenden und neue Perspektiven eröffnen.

Manchmal kann es jedoch auch sehr heilsam und wichtig sein, den Blick bewusst einmal weg von der eigenen Erkrankung zu richten und sich etwas völlig anderem zuzuwenden, vielleicht einem Comedy-Podcast, der zum Lachen bringt. Solche Momente schenken Leichtigkeit, lassen den Alltag für kurze Zeit in den Hintergrund treten und helfen, sich von belastenden Gedanken abzulenken.

 

 

Quellen:

https://open.spotify.com/show/47zjkpkjW5tDoAHrprWtoB

https://drtaniadempsey.com/podcast/

https://www.bendybodiespodcast.com

https://open.spotify.com/show/0qgqk4eVhLCh8jLXgsNLvV

https://www.youtube.com/channel/UCh3dgBm_L5pwaeBQI-Q7yVw

https://open.spotify.com/show/47zjkpkjW5tDoAHrprWtoB

https://www.podcast.de/podcast/920087/archiv?page=2

https://open.spotify.com/show/1OwDhbPCV06wjHgQ30fw0a

https://www.standinguptopots.org/podcast

https://open.spotify.com/show/5bVEGhYjQW16CBx6NAhCmy

Illustration eines Magens mit dem Text 'Gastroparese beim Ehlers-Danlos-Syndrom' und dem Logo der Deutschen Ehlers-Danlos Initiative e.V.

Gastroparese

Gastroparese: Wenn der Magen nicht mehr richtig arbeitet

Unser Magen ist normalerweise dafür da, Nahrung zu zerkleinern und sie weiter in den Dünndarm zu transportieren. All dies geschieht bei gesunden Menschen in einem gut abgestimmten Rhythmus. Doch was passiert, wenn dieser Rhythmus gestört ist? Genau das ist bei einer Gastroparese der Fall, da sich hierbei der Magen viel zu langsam entleert.

Worum wird es in diesem Beitrag gehen?

Sechs überlappende Kreise mit den Begriffen Definition, Ursachen, Bezug zu EDS, Symptome, Diagnostik und Behandlung

Definition: Was ist eine Gastroparese?

  • Umgangssprachlich wird die Gastroparese oft als „Magenlähmung“
  • Es handelt sich dabei um eine verzögerte Magenentleerung ohne nachweisbare mechanische Blockade.
  • Der Magen bewegt sich nicht ausreichend,um den Speisebrei in den Dünndarm weiterzuleiten, wodurch die Nahrung zu lange im Magen verbleibt und Beschwerden verursacht.
  • Grund ist meist eine Störung der Magenmuskulatur oder der Nerven, die diese steuern.
  • Die Gastroparese ist eine Form der gastrointestinalen Motilitätsstörung.
  • Motilitätsstörungen sind Erkrankungen, bei denen die Muskelbewegung / Peristaltik von Verdauungsorganen gestört Man unterscheidet unter diesem Überbegriff viele verschiedene Krankheitsbilder, je nach betroffenem Organ.

 

Wichtig zu wissen:

Nicht jede Magenentleerungsstörung ist eine Gastroparese!

 

So kann die Magenentleerung z.B. auch durch eine mechanische Behinderung, etwa einen Tumor, verzögert sein. Dann spricht man von einer Magenentleerungsstörung.

 

Bei einer Gastroparese hingegen arbeiten die Muskeln langsamer oder gar nicht mehr, sodass sich der Magen nicht ausreichend entleeren kann.

 

Bei jeder Gastroparese handelt es sich also um eine Magenentleerungsstörung.

 

Ursachen der Gastroparese

  • Diabetes mellitus, da Nervenschäden die Magenbewegung beeinträchtigen können.
  • Autonome Neuropathien (nicht diabetisch), z.B. im Rahmen einer Small-Fiber-Neuropathie. Dadurch ist die Nervenübertragung gestört und die Muskulatur des Magens kann nicht richtig angesteuert werden.
  • Myopathien (Muskelerkrankungen)
  • Neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Multiple Sklerose.
  • Amyloidose
  • Autoimmunerkrankungen, insbesondere rheumatologische Erkrankungen
  • Bestimmte Medikamente, die die Magenmotilität hemmen
  • Postoperative Zustände, z.B. nach Magenoperationen
  • Postinfektiös oder nach Bestrahlung
  • Idiopathisch, wenn keine Ursache gefunden wird. Dies ist bei ca. 50% der Betroffenen der Fall.

 

Bezug zu EDS

Infografik zu Ursachen und Forschung der Gastroparese bei Ehlers-Danlos-Syndrom. Ursachen: Zusammenspiel gestörter Bindegewebsstruktur, Nervenbeteiligung, autonome Funktionsstörungen, Small-Fiber-Neuropathie, gestörte Steuerung der Magenmuskulatur. Forschung: 21,2% der hEDS-Betroffenen haben Gastroparese, häufigste Form der Motilitätsstörung bei EDS, bis zu 61% mit Small-Fiber-Neuropathie, starke Assoziation mit PoTS und Motilitätsstörungen.

 

Typische Symptome einer Gastroparese

  • Postprandiales Völlegefühl (d.h. Völlegefühl nach dem Essen)
  • Frühzeitig einsetzendes Sättigungsgefühl
  • Übelkeit & Erbrechen, manchmal auch von unverdauter Nahrung
  • Bauchschmerzen & Blähungen
  • Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust & Malnutrition
  • Gastroösophagealer Reflux mit retrosternalen Schmerzen (ggf. mit Gastritis oder Ösophagitis)

 

Wie wird Gastroparese diagnostiziert?

Zur Diagnose einer Gastroparese stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung.

 

Erste Hinweise können sich bereits im Rahmen einer Magenspiegelung ergeben, etwa wenn trotz ausreichend langer Nüchternphase noch Nahrungsreste im Magen zu finden sind.

Auch bei bildgebenden Untersuchungen mit oralen Kontrastmitteln kann ein auffälliger Befund auftreten: Verbleibtdas Kontrastmittelungewöhnlich lange im Magen, kann dies nicht nur die Bildgebung erschweren oder unmöglich machen, sondern auch auf eine gestörte Magenentleerung hinweisen.

 

Besteht der Verdacht auf eine Störung der Magenentleerung, kann eine Transitzeitbestimmung erfolgen.

 

Hierfür eignet sich insbesondere die Magenentleerungsszintigraphie, bei der gemessen wird, wie schnell der Magen eine radioaktiv markierte Testmahlzeit entleert. Anhand dieser Untersuchung lässt sich häufig auch feststellen, ob der Transport der Nahrung bereits im oberen Teil des Magens verzögert ist oder ob die Entleerungsstörung auf eine Passagebehinderung im Bereich des Pylorus, wie etwa bei einer Pylorusstenose, zurückzuführen ist.

 

Als weniger invasive Alternative oder Ergänzung können verschiedene Atemtests durchgeführt werden. Diese erfassen die Entleerungszeit fester oder flüssiger Nahrung sowie die orozökale Transitzeit, also die Zeit, die eine Substanz benötigt, um Magen und Dünndarm zu passieren.

 

Seltener werden weitere Verfahren wie die Magen-Darm-Passage, EndoFLIP oder Manometrien (Druckmessungen) eingesetzt.

 

Wichtig ist in jedem Fall der Ausschluss mechanischer Hindernisse und anderer Ursachen der verzögerten Magenentleerung, etwa mittels Endoskopie oder bildgebender Verfahren.

 

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Magenentleerung zu verbessern. Grundlegend lassen sich vier verschiedene Behandlungsansätze unterscheiden, die abhängig vom individuellen Fall kombiniert werden können.

 

  1. Ernährungsanpassung:
    • “small particle diet“, pürierte, breiige oder flüssige Nahrung
    • leicht verdauliche Nahrung
    • mehrere kleine, fettarme und ballaststoffarme Mahlzeiten
    • hochkalorische Trinknahrung (falls nötig, z.B. zur Stabilisierung des Gewichts)
  2. Nicht-medikamentöse Therapie:
    • enterale Ernährung (nasojejunale Sonde, PEG-J)
    • (teil)parenterale Ernährung
  3. Medikamentöse Therapie:
    • Prokinetika (Medikamente, die die gastrointestinale Motilität anregen)
    • Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit & Erbrechen)
    • Behandlung der verursachenden Grunderkrankung (z.B. bei Autoimmunerkrankungen oder Diabetes mellitus)
  4. Interventionelle & chirurgische Maßnahmen:
    • Magenschrittmacher
    • G-POEM oder Botox-Injektionen in den Pylorus

 

Fazit

Die Gastroparese ist eine ernstzunehmende Erkrankung, welche die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann. Besonders bei Menschen mit Ehlers-Danlos-Syndrom sollte sie als mögliche Ursache für gastrointestinale Beschwerden berücksichtigt werden. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Beschwerden sind bei EDS-Betroffenen häufig komplex und vielschichtig.

Nicht selten werden Symptome vorschnell als „psychosomatisch“ oder „stressbedingt“ eingeordnet, insbesondere dann, wenn Basisuntersuchungen keine auffälligen Befunde liefern.

Betroffene sollten sich bei anhaltenden Beschwerden nach Möglichkeit an spezialisierte Zentren wenden oder dorthin überwiesen werden. Kliniken oder Abteilungen mit Schwerpunkt auf neurogastroenterologischen Erkrankungen verfügen über die nötige technische Ausstattung und Expertise. Eine ausführliche Diagnostik und individuell angepasste Therapie sind entscheidend für eine Linderung der Symptome und eine Verbesserung der Lebensqualität.

 

Quellen:

 

EDS bei Kindern

EDS bei Kindern

Herausforderungen, Diagnose und Alltagstipps für Familien

Die Ehlers-Danlos-Syndrome (EDS) sind eine Gruppe seltener, genetisch bedingter Bindegewebsstörungen, die in verschiedenen Subtypen auftreten können. Besonders das hypermobile EDS (hEDS) ist im Kindesalter schwer zu diagnostizieren, da genetische Marker fehlen und die Symptome oft erst im Laufe der Entwicklung sichtbar werden. Für betroffene Familien ist es wichtig, die typischen Anzeichen zu kennen und zu wissen, wie sie ihr Kind im Alltag bestmöglich unterstützen können.

Warum ist die Diagnose bei Kindern erschwert?

Die aktuellen Diagnosekriterien für das hypermobile EDS (von 2017) wurden ursprünglich für Erwachsene entwickelt. Kinder unterscheiden sich jedoch in ihrer körperlichen Entwicklung, ihrer Gelenkbeweglichkeit und im Verlauf der Symptome deutlich von Erwachsenen. Deshalb ist es nach dem aktuellen pädiatrischen Rahmenwerk (von 2023) nicht vorgesehen, präpubertäre Kinder mit hEDS zu diagnostizieren. Die endgültige Diagnose wird meist bis zum 18. Lebensjahr aufgeschoben. Dennoch gibt es viele Hinweise, die auf eine Bindegewebsproblematik hindeuten können.

 

2023 Diagnostischer Rahmen für pädiatrische Gelenkhypermobilität

https://www.ehlers-danlos.com/diagnosis/new-diagnostic-framework-for-pediatric-joint-hypermobility-v2/

 

Diagnostik und genetische Abklärung

Während beim hEDS die Diagnose im Kindesalter zurückgestellt wird, können Kinder mit anderen EDS-Subtypen, für die ein genetischer Marker existiert, bereits frühzeitig eindeutig diagnostiziert werden. Liegt ein entsprechender genetischer Befund vor, kann die Diagnose dieses EDS-Typs unabhängig vom Alter gestellt werden.

Eine ausführliche körperliche Untersuchung, Familienanamnese und gegebenenfalls bildgebende Verfahren sind wichtige Bestandteile der Diagnostik. Oft ist ein interdisziplinäres Team hilfreich.

Worauf sollten Eltern achten?

  1. Gelenkhypermobilität und „Partytricks“:
    Viele betroffene Kinder können ihre Gelenke ungewöhnlich weit bewegen, z. B. Finger oder Ellenbogen überstrecken und zeigen manchmal gerne sogenannte „Partytricks“. Diese Bewegungen sollten jedoch vermieden werden, da sie langfristig zu Schmerzen und Instabilität führen können. Um das Ausmaß der Gelenküberbeweglichkeit zu dokumentieren, kann es sinnvoll sein, die sogenannten „Partytricks“ einmal zu filmen – anschließend sollten Kinder jedoch darauf verzichten, diese Bewegungen regelmäßig vorzuführen, um spätere Schäden zu vermeiden.
  2. Chronische Schmerzen:Anhaltende Schmerzen in Gelenken und Muskeln werden bei Kindern häufig als „Wachstumsschmerzen“ abgetan. Tatsächlich können sie aber den Alltag, die sozialen Kontakte und das Selbstbewusstsein erheblich beeinträchtigen. Eine frühzeitige und ernsthafte Schmerzbehandlung ist daher entscheidend, um eine Chronifizierung und psychische Belastungen zu verhindern.
  3. Verzögerte motorische Entwicklung:Manche Kinder lernen später krabbeln, laufen oder stehen. Ursache können Gelenkinstabilität oder Muskelschwäche sein. Eine sorgfältige kinderärztliche Abklärung ist hier wichtig, um andere Ursachen auszuschließen. Gezielte physiotherapeutische und ergotherapeutische Förderung kann betroffenen Kindern helfen, ihre motorischen Fähigkeiten zu verbessern und Entwicklungsverzögerungen aufzuholen.
  4. Systemische Symptome:
    Neben den typischen Gelenkproblemen können auch autonome Funktionsstörungen (z.B. Kreislaufprobleme, Schwindel), Magen-Darm-Beschwerden und starke Müdigkeit auftreten. Gerade die unspezifischen systemischen Beschwerden werden oft übersehen, obwohl sie die Lebensqualität der Kinder erheblich einschränken können.

Weitere typische Symptome

  • Dehnbare, weiche oder samtige Haut, die leicht blaue Flecken bekommt
  • Schlechte Wundheilung mit auffälligen, breiten Narben
  • Große Wunden nach Bagatellverletzungen
  • Häufiges Nasenbluten
  • Zahnprobleme, hoher oder schmaler Gaumen
  • Schwierigkeiten bei Ausdauerleistungen, Feinmotorik (z. B. Schreiben, Schuhe binden)
  • Häufiges Stolpern, Stürze, Koordinationsprobleme
  • Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung)
  • Familiäre Vorbelastung mit EDS oder anderen Bindegewebserkrankungen
  • Plötzliche Todesfälle unter 40 Jahren in der Familie oder ungeklärte Organrupturen können Hinweise auf seltenere, aber schwerwiegende EDS-Subtypen geben

Alltagstipps: So unterstützen Sie Ihr Kind optimal

  1. Sichere Umgebung schaffen
    Entfernen Sie Stolperfallen wie lose Teppiche oder Kabel. Handläufe an Treppen und im Bad bieten zusätzliche Sicherheit.
  2. Ergonomische Anpassungen
    Verstellbare Stühle, Fußstützen oder ergonomische Schreibtische fördern eine stabile und schmerzfreie Sitzhaltung.
  3. Aktivitäten individuell gestalten
    Passen Sie den Alltag an das Energie- und Schmerzlevel Ihres Kindes an. Erlauben Sie Pausen, ohne Schuldgefühle zu vermitteln. Fördern Sie gelenkschonende Bewegungsformen wie Schwimmen – und ermöglichen Sie gleichzeitig eine möglichst normale Teilhabe.
  4. Emotionale Begleitung
    Offene Kommunikation ist entscheidend. Nehmen Sie die Gefühle Ihres Kindes ernst und fördern Sie Unabhängigkeit und Problemlösefähigkeiten. Gleichzeitig sollten Sie bei Bedarf Unterstützung anbieten.
  5. Vielfältige Identität und Selbstbild fördern
    Ermutigen Sie Ihr Kind, Hobbys und Interessen außerhalb der Diagnose zu entwickeln. Ein vielfältiges Selbstbild fördert Resilienz und Selbstvertrauen.
  6. Teilhabe und Integration fördern
    Behandeln Sie Ihr Kind altersentsprechend und fördern Sie die Teilnahme am Familien- und Sozialleben. Beziehen Sie ihr Kind in Entscheidungen ein und unterstützen Sie die Kommunikation mit Behandelnden sowie die Entwicklung von Selbstvertretung.
  7. Vernetzung und Austausch:
    Suchen Sie Kontakt zu Selbsthilfegruppen und achten Sie auf lösungsorientierte Angebote. Der Austausch mit anderen betroffenen Familien kann sowohl praktisch als auch emotional entlasten.
  8. Gesundheit verantwortungsvoll begleiten
    Kinder sollten keine Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, wenn diese nicht zwingend medizinisch notwendig sind. Meiden Sie risikoreiche Sportarten (wie Kampfsport) mit starker Belastung oder Sturzgefahr. Grundsätzlich sollten Aktivitäten – in einem Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Teilhabe aber nicht gestrichen, sondern individuell angepasst werden.
  9. Selbstständigkeit und Mitbestimmung fördern
    Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, eigene Bedürfnisse zu äußern und – altersgerecht – auch selbstständig mit medizinischem Fachpersonal zu sprechen. Gemeinsame Entscheidungen und kleine Aufgaben stärken die Eigenverantwortung.
  10. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung
    Überprüfen Sie regelmäßig, ob Hilfsmittel, Möbel oder Abläufe noch zum Entwicklungsstand Ihres Kindes passen. Reagieren Sie flexibel auf Veränderungen im Energielevel, in der Beweglichkeit oder im emotionalen Befinden. Beziehen Sie Ihr Kind aktiv in Veränderungen ein, damit es sich ernst genommen und beteiligt fühlt.

Fazit

Die Unterstützung eines Kindes mit EDS erfordert Einfühlungsvermögen, Wissen und ein gutes Netzwerk. Mit der richtigen Mischung aus praktischen Anpassungen, emotionaler Begleitung und Förderung der Selbstständigkeit kann Ihr Kind mit EDS ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben führen. Zögern Sie nicht, bei Unsicherheiten professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen – und denken Sie daran: Sie sind nicht allein!

Sie haben Fragen oder möchten sich austauschen? Unsere Selbsthilfegruppe freut sich über Ihre Kontaktaufnahme!

 

Quellen:

Misunderstood and Overlooked: hEDS, FND & Autism | Office Hours (Ep 150)“, The Bendy Bodies Podcast with the Hypermobility MD Dr. Linda Bluestein, 19.06.2025. [https://www.youtube.com/watch?v=xj5mZ3StMs0]

https://www.ehlers-danlos.com/diagnosis/new-diagnostic-framework-for-pediatric-joint-hypermobility-v2/

Alltag erleichtern bei EDS . Braunes Sofa mit gestrickter Decke, weißem Kissen und Drahtkorb mit Äpfeln vor rosa Wand

Alltag erleichtern bei EDS

Alltag erleichtern bei EDS & Hypermobilität: Gadgets, Hilfsmittel & Alltagshacks

Menschen mit Ehlers‑Danlos‑Syndrom oder Gelenkhypermobilität wissen: Der Alltag stellt oft besondere Anforderungen. Im Folgenden findest du eine Sammlung bewährter Hilfsmittel, Gadgets und Tipps, basierend auf Empfehlungen und Erfahrungsberichten von Betroffenen.

1, Therapie‑ & Entspannungs‑Gadgets

  • Elektrische Massagegeräte, Faszienrollen & TENS‑Geräte: Können bei Schmerzen und Verspannungen helfen.
  • Akupressur‑Matten & Wärmekissen: Fördern die Durchblutung und führen zu Entspannung.
  • Theracane: Hilft, verhärtete Muskulatur zu lösen – ideal für Schultern, Rücken oder Rippenbereich.
  • Magnesium-Produkte (Spray, Gel, Creme): Hilfreich bei Muskelkrämpfen und unruhigen Beine.
  • Ablenkung & Entspannung: Schlafmaske, Hörbücher, Podcasts, Häkeln (auch im Liegen möglich), Malen, Meditation.

 

2, Hilfsmittel für Küche & Alltag

  • Elektrische Dosen‑ und Flaschenöffner: Reduzieren Belastung bei Kraftdefiziten, Schmerzen oder Instabilitäten in Händen oder Handgelenken.
  • Greifzange (“Grabber Tool”): Hilfreich für Gegenstände außerhalb der Reichweite.
  • Ergonomische Küchenutensilien & Messer mit speziellem Griff: Weniger Griffkraft nötig – klarer Alltagsgewinn.
  • Wochenplaner, um alltäglich Aufgaben und Aktivitäten planen zu können: Hilft bei Pacing. So kann man die eigene Kraft besser einteilen, um sich nicht zu überfordern. Dies ist insbesondere hilfreich für Menschen mit Fatigue oder ME/CFS.
  • Elektrolytmischungen: Für Menschen mit PoTS oder für heiße Tage, um den Kreislauf zu unterstützen.
  • In unserem Blogbeitrag „11 Tipps für heiße Sommertage bei EDS & PoTS findest du weitere hilfreiche Tipps!

 

3, Komfort & Selbstversorgung zu Hause

  • Duschhocker: Entlastet beim Duschen und verhindert Erschöpfung, insbesondere hilfreich für Menschen mit PoTS, da diese vor allem Beschwerden bei längerem Stehen haben können.
  • Elektrische Heizkissen / Wärmedecken
  • Voice‑Aktivitätshilfe (z.B. Echo Dot, Google Home): Erleichtert Licht-, Musik- und Anrufsteuerung – perfekt für Tage mit eingeschränkter Beweglichkeit.
  • Tablettenausdrücker: Erleichtert das Ausdrücken von Tabletten aus der Verpackung, insbesondere bei Schmerzen oder Instabilitäten in den Fingergelenken.
  • Pillen-Organizer: Hilft dabei, die Einnahme wichtiger Medikamente nicht zu vergessen.
  • Kühlpacks und tragbare Mini‑Ventilatoren fürs Handy oder unterwegs
  • Gesundheits-Tracking: Z.B. Fitbit Versa 3 oder Apple Watch für Erinnerungen und zur Kontrolle von Aktivität & Herzfrequenz.
  • Ergonomische Kissen: So lange ausprobieren, bis man das passende findet. Guter Schlaf ist essenziell!

 

4, Unterstützende Bandagen & Splints

  • Ring‑Splints (Fingerschienen): Finger Splints begrenzen die Hyperextension (übermäßige Streckung) an Finger- und Daumengelenken, zum Beispiel beim Schreiben oder bei Alltagstätigkeiten. Zudem geben sie Stabilität und fördern die Propriozeption – sowohl in Silber (maßgefertigt) als auch preisgünstig als Plastikversion erhältlich, zum Beispiel auf etsy oder Amazon.
  • Bandagen (z.B. Handgelenk, Daumen, Knie, Schulter, Fuß): Verhindern übermäßige Bewegung/ Überstreckung, entlasten somit das Gelenk und bieten Stabilität bei Alltag & Sport.

 

5, Mobilitätshilfen & Sitzkomfort

  • Rollatoren, E-Scooter & Rollstühle: Falls nötig. Bieten Entlastung bei Erschöpfung, Schmerz oder Instabilität.
  • Ergonomische Bürostühle oder Gymnastikbälle zur Bewegung im Sitzen.
  • Sitzkissen (z.B. Wedge‑ oder Keilkissen): Verbessern die Sitzhaltung und entlasten Rücken/Hüfte.
  • HWS-Orthese: Hilfreich, um Mikrotraumata oder Subluxationen zu vermeiden, da sie die HWS stabilisiert und verspannte Muskeln vorübergehend entlastet werden. Nicht dauerhaft tragen!

 

6, Kinesio‑Tape & Kompression

  • Kinesio‑Tape (KT‑Tape): Gibt Unterstützung und taktiles Feedback – besonders an Knien, Schultern oder Rücken. Hautsensibilität beachten!
  • Schau dazu auch gerne in unseren Blogbeitrag zum Thema „Kinesio-Tape bei EDS“.
  • Kompressionsbekleidung: Können die Propriozeption verbessern, Schmerzen lindern und den Kreislauf unterstützen.

 

Wichtiger Hinweis: Die genannten Hilfsmittel basieren auf Erfahrungen und Recherchen, ersetzen aber keine individuelle medizinische Beratung! Bitte besprecht den Einsatz – insbesondere von Finger-Splints, orthopädischen Bandagen, Rollstühlen, Hilfsmitteln oder TENS – vorab mit eurem behandelnden ärztlichen Team, um Sicherheit und Wirkung zu gewährleisten.

 

Tipps zur Anwendung

  1. Individuell testen: Es kann sein, dass du in unterschiedlichen Phasen auf unterschiedliche Hilfsmittel und Gadgets zurückgreifen musst.
  2. Besprechen: Frage dein behandelndes Team oder andere Betroffene, ob sie Empfehlungen haben.
  3. Kombinieren mit Therapien: Hilfsmittel allein reichen meistens nicht.
  4. Trial‑and‑Error zulassen: Nicht jedes Gadget passt zu jedem.
  5. Rückgabeoptionen nutzen, gerade bei Online-Bestellungen.
  6. Sicherheitsaspekte beachten, z. B. Hautreaktionen bei Tape, Überhitzung mit Heizkissen, Verletzungen bei Massagegeräten etc.

 

Fazit

Ein gut zusammengestelltes Alltags-Toolkit mit Bandagen, Kompression, Gadgets für zu Hause und Mobilitätshilfen kann Betroffene im Alltag enorm unterstützen. Entscheidend ist: Nicht alles auf einmal – lieber schrittweise ausprobieren und dabei körperliche Veränderungen beobachten.

 

Quellen:

https://www.chronicpainpartners.com/surviving-the-rollercoaster-of-eds-and-chronic-fatigue-tips-and-tricks-for-managing-the-boom-and-bust-cycle/

https://hypermobilityclinic.org/hypermobility-tool-kit-tips/

https://www.ehlers-danlos.org/information/building-your-own-eds-toolkit-tips-from-support-groups-around-the-uk/

https://www.springrose.co/blogs/blog/ehlers-danlos-syndrome-gifts?srsltid=AfmBOop76ImHjVwOKq5NXjmaA4I3iuYkdWfTIgXsdDhoVa4wR8TdgOYG